These von Jan Schlemermeyer:
„Das Fremdeln mit der liberalen Demokratie zeigt sich mithin nicht nur in Wagenknechts eigener Biographie – von ihrem Verständnis für Stalin, Ulbricht und Mauerbau damals bis zu ihrem Kokettieren mit AfD-Mehrheiten und -Positionen heute. Es ist vielmehr auch der rote Faden der BSW-Programmatik. Das Bündnis behandelt die liberale Demokratie insgesamt als Gegnerin. Der vermeintlich eklektische Ideologiemix des BSW-Manifests entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als klassische Dreifaltigkeit des Nationalbolschewismus:
ständische Sozialpolitik für eine »Leistungsgesellschaft« im Inneren,
»Frieden« mit antiwestlichen Mächten nach Außen und
konservative Gesellschaftspolitik für den nationalen Zusammenhalt des Ganzen.
Im Hinblick auf die Linkspartei war Wagenknechts Projekt faktisch der Versuch einer ideologischen »DKPisierung«. Nach dem dieser Versuch scheiterte, wird mit dem BSW nun eine eigene Organisation aufgebaut, die nationalbolschewistische Agitation und geopolitische Parteinahme für den eurasischen Autoritarismus in modernerem Gewand bieten soll.“
Mein Fazit vorab:
Die nachfolgenden von mir zusammengetragenen Hintergründe haben mir ein Verständis über die wahren Ziele von BSW vermittelt und mir auch endlich offenbart, warum man bei Frau Wagenknecht eine berechtigte Kritik auch an autokratischen Systemen (Russland, China, Iran) nicht erwarten kann, obwohl diese Systeme alle auch streng mit einer patriarchalischen, Frauen verachtenden Einstellung einhergehen. Um so verwunderlicher, dass die ersten „Friedensdemos“ mit Alice Schwarzer erfolgten. Ich hätte von beiden eher einen Aufstand gegen die gewaltsame Niederwerfung der Frauenproteste durch männliche Macho-Führer in Belarus und im Iran erwartet.
Frau Wagenknecht und ihre Mitglieder arbeiten sich aber ersatzweise um so mehr mit einer hemmungslosen Kritik an der Vorzeige-Demokratie USA, die berechtigter Weise für einen ausschweifenden Kapitalismus und Imperiaslismus in der Vergangenheit verantwortlich zeichnet, und stellvertretend an westlichen Militärbündnissen und Institutionen und ihrer Doppelmoral ab. Es ist immer leichter, einen Blutfleck auf einer weißen Weste zu brandmarken, als eine aktuell blutgeträngte Weste in Augenschein zu nehmen, wenn es denn der eigenen Ideologie entgegenkommt.
Da wird von „Kriegstreibern“, von „Angriffskrieg“ gegen Russland mit deutschen Waffen geredet, statt von notwendigen „Waffenlieferungen zur Selbsverteidigung der Ukraine“ im Rahmen des Völkerrechts, eine populistische Verzerrung der Tatsachen durch das Spiel mit Worten!
Da wird das gemeine Wahlvolk der Bundesbürger mit Eskalationsängsten vor einem atomaren oder 3. Weltkrieg überzogen, wobei die eigentliche Gefahr der Kreml-Kleptokratie für Europa verschwiegen wird, wenn Putin nicht aufgehalten wird. Es geht nicht darum, Russland zu „besiegen“ oder „niederzuringen“, um die populistischen Begriffe mal zu nennen, sondern darum, Russland militärisch wieder in seine Grenzen zu weisen, um so überhaupt tragfähige Verhandlungen zu ermöglichen.
Also, wer tiefer einsteigen möchte in das Thema BSW, bitte lesen!
Ich habe mich schon viel an der Person Sahra Wagenknecht in meinen Artikeln hier abgearbeitet, und frage mich nun: warum eigentlich?
Meine Anfängliche Sympathie für ihren Intellekt und ihre Expertisie in einer Kapitalismuskritik und damit auch einer berechtigten Kritik am politischen Westen, hat sich aber im Laufe der Zeit in eine skeptischere Haltung gewandelt: welche Ziele verfolgt Frau Wagenknecht politisch tatsächlich? Emotional wirkte sie auf mich bei öffentlichen Auftritten immer, und tut es noch heute, irgendwie eigenartig distanziert und ihr Engagement in einer neuen Friedensbewegung unter Hinweis auf das tägliche Sterben von Soldaten im Ukrainekrieg und das damit verbundene Leid, wirkt eher vorgeschoben oder instrumentalisiert.
Frau Wagenknecht hatte tatsächlich anfänglich mein Interesse für die LINKE geweckt, denn ich war und bin für Gerechtigkeit, ich kann den zunehmenden Spalt zwischen arm und reich nicht ertragen, einen Wohlstand, der auf Kosten anderer geht und die zunehmende Ausbeutung der Natur durch uns Menschen.
Als ich erste Kontakte mit einem Ortsverband der LINKEN aufnahm war ich dann überrascht, dass ausgerechnet diese Frau Wagenknecht dort eher ein Reizwort darstellte als eine Partei-Ikone. Da wurde mir ihr Verhalten in der Bundestagsfraktion und bei Parteiveranstaltungen entgegengehalten, ihr mangelnde Beteiligung an Abstimmungen und Ähnlichem.
Zusammenfassend kann man feststellen: irgendwie lässt sich Frau Wagenknecht offensichtlich nicht wirklich in eine Cummunity integrieren. Sie schreibt lieber ihre eigenen Bücher als sich an anstrengenen Abstimmprozessen einer Bewegung zu beteiligen, ja, am Ende fällt sie mit einem Buch sogar über ihre politische Herkunft her, über die linken Eliten, was schließlich zu einem Bruch mit der LINKEN führte…..jetzt schreibt sie nicht nur eigene Bücher, sie rekrutiert auch jene um sich, die ihr treu ergeben sind und ihre Partei trägt nun endlich auch ihren Namen.
Was bedeutet das?
Kürzlich kam eine Studie der UNI Potsdam heraus, von J. Philipp Thomeczek, die inzwischen auch in der PVS Politische Vierteljahresschrift (German Political Science Quarterly) veröffentlicht wurde, hier das zitierte Abstrakt:
„Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW): links-konservativ – und populistisch? Eine empirische Einordnung
Zusammenfassung
Die langjährige Stabilität des deutschen Parteiensystems wird aktuell durch eine neue links-konservative Partei herausgefordert: Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Erste Umfragen deuten an, dass das BSW bundesweit bis zu 10% der Stimmen gewinnen könnte. Die Einordnung als links-konservativ oder in Anlehnung an die englische Literatur links-autoritär wurde bereits medial intensiv diskutiert. Weniger Beachtung hat bislang die populistische Kommunikation von Wagenknecht gefunden. Die populistische Ansprache durch das BSW kann bei der Beantwortung der Frage behilflich sein, warum das BSW scheinbar gegensätzliche Gruppen wie Wähler:innen der Linken und der AfD gleichzeitig ansprechen kann, da populistische Einstellungen unter den Wähler:innen beider Parteien weit verbreitet sind.
Der vorliegende Beitrag analysiert die Rolle der populistischen Kommunikation von Wagenknecht und dem BSW mithilfe qualitativer und quantitativer Methoden. Dazu wurden zunächst alle Reden (ca. 10.000) und alle Pressemitteilungen (ca. 19.000) aller Linken Bundestagsabgeordneten der gesamten parlamentarischen Lebensdauer der Fraktion (2005–2023) untersucht. Die Ergebnisse dieser quantitativen Analyse zeigen, dass Wagenknecht unter den Linken-Abgeordneten mit Abstand am häufigsten populistische Kommunikationselemente einsetzte und sie ebenso in der Lage war, einige der populistischsten Abgeordneten zum BSW- Beitritt zu überreden.
Der Artikel schließt mit einer qualitativen Auswertung der populistischen Rhetorik im BSW-Parteiprogramm. Es wird deutlich, dass hier insbesondere die Kritik an der Politik- und Wirtschaftselite eine wichtige Rolle spielt. Diese Elitenkritik wird mit einem starken Bevölkerungsbezug kombiniert, der beispielsweise in der Ansprache der „Mehrheit“ deutlich wird. Insgesamt erscheint damit die Klassifizierung als populistische Partei gerechtfertigt.“
https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s11615-024-00544-z.pdf
Dieser Artikel weckte meine Neugier für Begriffe wie „Linksautoritarismus“ und „Linkskonservatismus“, denn es muss doch eine Erklärung dafür geben, dass das BSW soviel gemeinsame Ziele mit der heutigen AfD aufweist.
Wagenknechts Positionierung gegen Geflüchtete, Klimaschutz, Corona-Impfungen, queere Gleichberechtigung oder Putin-Sanktionen erscheint dann als bloß populistisches Zugeständnis an die „einfachen Leute“.
Ich wurde dann fündig bei einem Online-Journal „nd - Journalismus von Links“, bei dem u.a. der Bruch zwischen die LINKE und BSW aus einem historischem Kontext heraus betrachtet wird:
Da dieser Aufsatz mit meiner Einschätzung des BSW verblüffend übereinstimmt und plausible Erklärungen liefert, habe ich mich entschlossen, den wesentlichen Teil hier zu zitieren:
„Linke ohne Wagenknecht: Gegen den Autoritarismus von links
Sahra Wagenknechts Partei steht ideologisch in der Tradition linker Autoritarismen. Die Linke sollte dies endgültig hinter sich lassen
Jan Schlemermeyer 22.01.2024, 13:06 Uhr Lesedauer: 12 Min.
Der vermeintliche Linkskonservatismus entpuppt sich dann als ideologische Schaufensterpuppe, als aktuelle Variante eines alten Problems: linker Autoritarismus. Dieser meint im Kern den Versuch, soziale Gerechtigkeit zu verwirklichen, indem man Demokratie und Rechtsstaat aufgibt. In Teilen der Linken hat das eine lange Tradition. Seit Robespierre und der französischen Revolution ist es eine Versuchung jeder emanzipatorischen Bewegung, dass der gute Zweck alle Mittel heiligen soll. Dass demokratische Grundrechte und Verfahren im Zweifelsfall nur bürgerlicher Überbau sind, die im Dienst der antikapitalistischen Sache suspendiert werden müssen, war ein zentraler Punkt des Leninismus. Im Stalinismus wurde diese vermeintlich notwendige Härte dann zum Programm geadelt und ins massenmörderische Extrem getrieben.
Aber beim linken Autoritarismus handelt es sich um mehr als bizarren Führerkult und ein totalitäres Herrschaftssystem aus dem letzten Jahrhundert. Dazu gehört seit über 100 Jahren eine nationalbolschewistische Weltanschauung, die den liberalen Pluralismus und das Individuum verachtet. Für diesen »Stalinismus ohne Stalin«, wie der Publizist Paul Mason diese Ideologie jüngst nannte, stehen historisch etwa der französische Sozialphilosoph Georges Sorel oder der deutsche Schriftsteller Ernst Niekisch. Im Namen eines verdinglichten Kollektivsubjekts (erst Klasse dann Volk) wurden die modernen Formen institutioneller Vermittlung von ihnen als Bedrohung einer vermeintlich nötigen Einheit abgelehnt. Gesellschaftliche Komplexität und Vielfalt erschien ihnen mindestens als Ablenkung vom Hauptwiderspruch, teilweise als gezielte westliche Zersetzung. Reaktionäre Ideologien kollektiver Identität verharmlosten sie demgegenüber stets als Seufzer der Bedrängten. Dieses Deutungsangebot trifft in Deutschland historisch gesehen auf eine besondere Nachfrage. Antisemitismus, Verschwörungstheorien und Nationalismus sind hier oft verbunden.
Man macht es sich aber zu leicht, wenn man das BSW einfach der Rechten zuschreibt. Trotz aller Querfront-Ansätze und fließenden Übergänge zur AfD in den Methoden ist das BSW auch ein Problem der politischen Linken. Anders als die Rechte legitimiert sich der linke Autoritarismus letztlich nicht über metaphysische, durch menschliches Handeln unveränderbare Kategorien, wie Nation oder Gott. Er zielt auf die irdische Realisierung von Freiheit und Gleichheit, nutzt aber autoritäre Mittel für einen linken Zweck. Spuren davon gibt es in der Linken auch jenseits des Wagenknecht-Lagers. Eine Geringschätzung rechtsstaatlicher Verfahrensweisen oder universeller Vernunft im Namen der vermeintlich guten Sache findet sich selbst in manch bewegungslinken, antirassistischen und feministischen Kreisen. Das Verständnis für den Terror und den Antisemitismus der Hamas in einigen Teilen der internationalen Linken hat das auf bittere Weise erneut gezeigt. Liberalismusverachtung ist eine Grundtorheit der Linken, mitunter auch bei denen, die autoritäre Politik eigentlich ablehnen.
Allerdings geht die entsprechende Gleichsetzung von links und rechts durch die konservativen Extremismustheorie an der besonderen ideologischen Dynamik des linken Autoritarismus vorbei. Dieser reagiert auf Grundlage der Aufklärung auf deren Selbstwidersprüchlichkeit. Auf die »falsche Freiheit« im Kapitalismus antwortet er im Namen der Freiheit – mit Verachtung gegenüber ihren Institutionen. Er ist Kind der Aufklärung, aber scheitert an der bleibenden Aufgabe, an den bürgerlichen Doppelstandards nicht irre zu werden.
Doch das ist kein Grund zur Entwarnung, im Gegenteil. Die Niederlage der Weimarer Demokratie gegenüber dem deutschen Faschismus war schließlich nicht nur Ergebnis eines Bündnisses aus Eliten, Großkapital und Mob. Es war auch das Resultat einer Linken, die in Teilen von der Kritik an Rechtsstaat und Parlamentarismus zur antidemokratischen Haltung sprang, die Sozialdemokraten als »Sozialfaschisten« bezeichnete und mit den Nazis um den richtigen Nationalismus wetteiferte. In der Agitation gegen den liberalen Westen wollte man sich von rechts nicht übertreffen lassen, bürgerliche Errungenschaften galten als imperialistische Ideologie. Wie das ehemalige SPD- und spätere KPD- und SED-Mitglied Ernst Niekisch schon 1926 formulierte: »Westlerisch sein heißt: mit der Phrase der Freiheit auf Betrug ausgehen, mit dem Bekenntnis zur Menschlichkeit Verbrechen in die Wege leiten, mit dem Aufruf zur Völkerversöhnung Völker zugrunde richten.«
Aus dieser Perspektive wird klar, dass das Wagenknecht-Projekt weit mehr als rechtssozialdemokratischer Populismus ist. Es verfolgt ein immanent geopolitisches Programm und zielt systematisch darauf ab, jene gesellschaftliche Liberalisierung zu attackieren, die gemeinhin mit Westbindung assoziiert wird. Im Windschatten einer von China und Russland forcierten, eurasischen (Gegen-)Hegemonie sollen dann Frieden und soziale Gerechtigkeit jenseits des westlichen Imperialismus realisiert werden. Die Ablehnung betrifft nicht nur Nato, Rüstungskonzerne und Machtpolitik der USA, sondern auch vieles, was im Westen fortschrittlich ist und von sozialen Bewegungen und Gewerkschaften erkämpft wurde. Geopfert wird der »antiimperialistischen Strategie« dabei tendenziell die liberale Demokratie als Ganzes. Das ist fatal angesichts eines neuen Faschismus, der die Frustrationserfahrungen im neoliberalen Kapitalismus weltweit als Treibstoff für einen identitären Endkampf nutzt.
Das Fremdeln mit der liberalen Demokratie zeigt sich mithin nicht nur in Wagenknechts eigener Biographie – von ihrem Verständnis für Stalin, Ulbricht und Mauerbau damals bis zu ihrem Kokettieren mit AfD-Mehrheiten und -Positionen heute. Es ist vielmehr auch der rote Faden der BSW-Programmatik. Das Bündnis behandelt die liberale Demokratie insgesamt als Gegnerin. Der vermeintlich eklektische Ideologiemix des BSW-Manifests entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als klassische Dreifaltigkeit des Nationalbolschewismus: ständische Sozialpolitik für eine »Leistungsgesellschaft« im Inneren, »Frieden« mit antiwestlichen Mächten nach Außen und konservative Gesellschaftspolitik für den nationalen Zusammenhalt des Ganzen. Im Hinblick auf die Linkspartei war Wagenknechts Projekt faktisch der Versuch einer ideologischen »DKPisierung«. Nach dem dieser Versuch scheiterte, wird mit dem BSW nun eine eigene Organisation aufgebaut, die nationalbolschewistische Agitation und geopolitische Parteinahme für den eurasischen Autoritarismus in modernerem Gewand bieten soll. Dabei überbrückt die Gegnerschaft zur westlichen Demokratie andere Differenzen.
Man kann diese These im Einzelnen durchdeklinieren: Schon in der Linkspartei wurde die demokratische Struktur der Partei vom Kreis um Wagenknecht systematisch verächtlich gemacht. Demokratische Entscheidungen wurden nie akzeptiert, Niederlagen auf Parteitagen sollten mit der Drohung einer Abspaltung korrigiert werden. Programmatisch versuchten Wagenknecht und ihre Anhänger*innen bereits seit Jahren rechte Mobilisierungswellen zu reiten, indem sie sich daran beteiligen, sie groß zu machen. Erst jüngst redete die Politikerin der brutalen Abschottung mit Fakenews das Wort: nur ein Prozent der Geflüchteten erhielten eine rechtlichen Schutzstatus – tatsächlich sind es fast 70 Prozent.
Insgesamt nimmt das BSW den rechten Kulturkampf freudig auf, tritt nach unten und spaltet im Namen eines nationalen Sozialstaates genau die Lohnabhängigen, um deren Interessen es angeblich geht. International bandeln Wagenknecht und Co mit allen Diktaturen an, die sich von Putin über Assad bis zum Iran gegen den Westen stellen. Auch wenn diese klar machen, dass es ihnen nicht um Befreiung, sondern um einen Alternativimperialismus und gegen die Vielfalt von Lebensformen geht. Die Welt wird stets durch den Tunnelblick einer antiwestlichen Geopolitik gesehen. So kritisieren Protagonist*innen des BSW wie Sevim Dağdelen jede westliche Missachtung des Völkerrechts, zeigen aber erstaunlich viel Verständnis, sobald Verbrechen von Diktatoren begangen werden, die keine Verbündeten der Nato sind. Das zeigt nicht nur doppelte Standards, sondern ist politisch auch hochgefährlich. Zumal Reaktionäre inzwischen immer öfter im antikolonialen und antiimperialistischen Gewand auftreten – man höre sich nur die aktuellen Reden Putins an.
Anbiederung nach rechts
Es ist auch kein Zufall, dass die friedenspolitischen Reden Wagenknechts nach dem deutschen Neutralismus der frühen 1950er Jahre klingen. Dieser wurde schon damals von sehr unterschiedlichen Akteuren getragen. Er hatte einige Überschneidungen mit dem rechten Revisionismus »gegen die Westmächte und ihre Lizenzparteien«, wie das damals die später verbotene Sozialistische Reichspartei formulierte, und zielte auf eine Sonderrolle Deutschlands in Europa. Apropos Europa: Gegen die EU führte Wagenknecht bereits 2016 an, dass es für echte Demokratie ein kulturell homogenes Volk geben müsse. Dazu passend fordert das BSW nun den Rückbau der EU und »ein Europa souveräner Demokratien in einer multipolaren Welt«.
Aber der Autoritarismus ist nicht nur Programm, er bestimmt auch die Methoden. Das BSW-Manifest zeichnet sich durch eine instrumentelle Umdeutung von Begriffen aus: »Frieden« und »Vernunft« meinen faktisch die Akzeptanz des russischen Angriffskrieges, »soziale Gerechtigkeit« wird gegen internationale Solidarität in Anschlag gebracht, »Demokratie« als Befreiung der Mehrheit von Minderheitenrechten und einer vermeintlichen »Kultur der Zensur« gedacht. Sogar die alte Sozialfaschismusthese belebt Wagenknecht wieder, heute richtet sie sich gegen die Grünen. Diese bezeichnet Wagenknecht bekanntlich als »gefährlichste Partei« im Bundestag, als säße dort keine extrem rechte AfD.
Inzwischen greifen Wagenknecht und ihr Bündnis auch explizit den antifaschistischen Konsens an. Nach der gemeinsamen Abstimmung zur Änderung des Wahlgesetzes von CDU, FDP und AfD in Thüringen am 8. Dezember 2023 erklärte sie die AfD zur möglichen Mehrheitsbeschafferin. Das bereitet den Boden für Schlimmeres. Es ist daher eine Verharmlosung, wenn man die Abgrenzung des BSW nach rechts vor allem zur organisatorischen Frage, der Verhinderung einer rechten Unterwanderung, verklärt. Der Umgang des BSW mit rechten Unterwanderungsversuchen ist dabei nicht das entscheidende. Wagenknechts autoritäres Projekt muss kein Teil der extremen Rechten sein, um als Treiber des Rechtsrucks zu wirken. Daran ändert die Selbstverharmlosungsstrategie mancher Spitzenleute nichts.“
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