Die neuen (alten)„Friedenstauben“ in Deutschland

Die Europawahl steht kurz vor der Türe und viele Parteien - darunter BSW, AfD und SPD - machen auch den Frieden in Europa zum Thema, der gerade in der Ukraine auf dem Prüfstand steht…..und Putin hat zum „Tontaubenschießen“ eingeladen!


Gestern bei „Maischberger“ wurde sowohl der aktuelle Paradigmenwechsel bei Waffenlieferungen für die Ukraine als auch die Entgleisungen einiger deutscher,  „wohlstandsverwahrloster“ Elite-Zöglinge auf der Insel Sylt thematisiert, und damit auch erneut das „Ausländer-Thema“ in Deutschland.


Zu der Ausländerdebatte und auch zur Ukrainelage  meldete sich einer der ehemals mächtigsten Wirtschaftsführer Deutschlands, ehemaliger IBM-Chef und BDI-Chef, Hans-Olaf Henkel zu Wort, der in den Gründungstagen der AfD auch ein prominentes Mitglied dieser Partei war.  Henkel verließ die AfD zu einem Zeitpunkt, als Frauke Petry gegen Bernd Lucke 2015 zur Sprecherin des Bundesvorstandes der AfD wurde und mit ihr die rechtradikalen Kräfte mehr Gewicht bekamen, indem Frau Petry den Begriff „völkisch“ wieder positiv besetzen wollte.


Henkels klare Worte zur AfD - frei zitiert: 


„Es gibt drei Gruppen in der AfD:


  1. Die Funktionäre (Führung)
  2. Die Parteimitglieder
  3. Die Wählerschaft


Die Funktionäre sind nicht rechtradikal gesinnt, aber sie sind nur dort, wo sie sind, weil sie woanders keinen Führungsauftrag erhalten würden. Er würde als ehemaliger IBM-Chef solchen Personen keine Führungsverantwortung verleihen, denn sie können es nicht.


Unter den Parteimitgliedern gibt es eine große Zahl an Rechtsradikalen - Höcke, Bystron, und Krah sind nur die Spitze des Eisberges, der die AfD-Führungsfunktionäre aber nur wenig entgegenstellen können.


Die Wählerschaft hingegen rekrutiert sich aus einer Großzahl von Politikverdrossenen, die sich an der Ampel abarbeiten, obgleich 17 Jahre unter CDU-Merkel-Führung die heutigen Zustände begründet haben.“


Klare Worte, wie ich finde. Er richtet dann persönliche Worte an alle AfD- und BSW Sympathisanten. Sie müssten die „Zeitenwende“ erst wirklich verstehen, denn diese macht die Koalitionsvereinbarungen der Ampel vor dem Krieg in der Ukraine hinfällig: Bürgergeld, Mindestlohn, Alterssicherung - all das muss aktuell hinter der bedrohten Sicherheitslage in Europa zurückstehen.


Herr Henkel las aus dem AfD- Parteiprogramm von 2014 zur Europawahl, bei dem die AfD gegen den EUR Stellung bezog, hingegen Ausländerzuzug und gleiche Entlohnung befürwortete. Er zitierte auch aus einem damaligen Brief eines AfD Mitglieds an ihn persönlich gerichtet, der seine Familie bedrohte, da er sich von der AfD abwendete - unterschrieben mit „AAF“ (unter Bezug auf die RAF).


Doch zurück zum Paradigmenwechsel bei Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Ukraine befindet sich gerade auf dem Rückzug an der Ostfront, aus zwei Gründen:


  1. zugesicherte Waffensystem des Westens kommen nicht rechtzeitig
  2. die ukrainische Militärführung nimmt im Gegensatz zu Putins Armeeführung Rücksicht auf drohende Verluste bei eigenen Soldaten


Um so trauriger, dass die Vorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht, Amira Mohamed Ali, nicht müde wird, den Befürwortern von Waffenlieferung vollmundig und gebetsmühlenartig „Realitätsfremde“ vorzuwerfen: „Es sei doch offensichtlich, dass die Ukraine gegen Russland nicht gewinnen kann“.

 

Frau Ali kann weder begründen, was sie mit „nicht siegen“ können seitens der Ukraine meint, noch bleibt sie die Begründung ihrer Alternative des „mehr verhandelns“ schuldig. Da erfolgt ein Gestottere von möglichen Friedensgaranten wie China, Indien und anderen BRICS Staaten, die doch auf Putin einwirken könnten - ist das angesichts der jüngsten Abmachungen zwischen Putin und Xi tatsächlich realitätsnäher? Das ist ihre Logik des aktuellen ukrainischen Rückzuges, dass aber anfangs des Krieges das überlegene Russland zurückgeschlagen wurde und Putins Ziel - Kiew in drei Tagen einzunehmen - durchkreuzte, ist wie weggewischt. Wenn Herr Röttgen zurecht dann darauf hinweist, dass das immer wieder zu späte Liefern der westlichen Waffen ein entscheidender Grund für die aktuelle Frontlage sein könnte, verdrängt sie  beharrlich. Was passieren würde, wenn keine Waffen mehr geliefert würden, verdrängt diese „realitätsnahe“ Frau ebenfalls.  


Der Paradigmenwechsel bedeutet: hat man bisher die Ukraine mit westlichen Waffen unterstützt, ihr aber verboten, Abschußrampen und Stellungen  in Russland direkt an der russischen Grenze mit diesen Waffen zu beschießen, und selbst verboten, über dem eigenen Luftraum bemannte Flugzeuge der Russen damit abzuschießen, so soll sich dies endlich gemäß dem Völkerrecht auch politisch ändern.


Der „böse“ Westen, der Putin mit der NATO

derart in die Enge getrieben hat, dass er sebst Völkerrecht nun mit Füßen treten darf - Frau Wagenknecht würde das vermutlich einen „notwendigen Präventivkrieg“ Putins gegen den Westen nennen -  nimmt nun endlich Abschied von seinem selbstauferlegten Antiaggressions-Verhalten gegen einen Aggressor. Das ungebändigte Zerstören der ukrainischen, zivilen Infrastruktur, das Auslöschen von Zivilisten durch russische Artillerie - zuletzt ein Einkaufzentrum - muss endlich unterbunden werden.


Kaum geäußert, nimmt Putin natürlich drohend Stellung - ein Zeichen, dass man die richtigen Worte gewählt hat!


Eskalation findet zuerst immer in den Köpfen der Menschen statt, oft ist es aber auch nur eine Ausrede für „Heiliger St. Florian, verschon mein Haus, zünd‘ andere an“, und der Glaube, Friede würde ohne Waffen erreichbar sein. Nein, ist er nicht, zumindest solange noch eine Nation auf dieser Erde an die Macht der Gewalt glaubt. 


Herr Henkel hat Recht: wenn Putin nicht gestoppt wird mit seiner Politik der Waffengewalt mitten in Europa, dann brauchen wir über innenpolitische, geopolitische, ökonomische und ökologische Ziele erst gar nicht mehr nachzudenken.


Die Situation in Europa heute ist vergleichbar mit 1938: man wollte Hiltler mit dem Münchner Abkommen und der Frage des Sudetenlandes und der Tschechoslowakei befrieden. Wikipedia:


„von den Regierungschefs Adolf Hitler, Neville Chamberlain, Édouard Daladier und Benito Mussolini im Führerbau in München unterzeichnet. Die Tschechoslowakei und die mit ihr verbündete Sowjetunion waren zu der Konferenz nicht eingeladen. Das Abkommen bestimmte, dass die Tschechoslowakei das Sudetenland an das Deutsche Reich abtreten und binnen zehn Tagen räumen musste.“


Das wird als Appeacementpolitik von Chamberlain bezeichnet. Kurz danach nahm Hitler die gesamte Tschecheslowakei ein und das bis dahin noch befriedete Großbritannien musste unter Hitlers Bombenhagel 1940 und erst durch Churchills Blut- und Wasserrede ans britische Volk wachgerüttelt werden.


Ich hoffe, das bleibt uns erspart. Damit ist für mich weder AfD noch BSW wählbar, denn wie Herr Henkel halte ich eine Priorisierung unserer europäischen Kräfte für erforderlich: Zurückweisung der russischen Aggression noch in der Ukraine, solange es noch geht, mit Waffen natürlich, mit was denn sonst?  


Das langfristig ein Frieden ohne Russland in Europa nicht möglich ist, ist eine Binsenwahrheit. Es ist aber auch richtig, dass unser Frieden in Euoropa von 1945-2022 nur durch gegenseitige Waffendrohungen halten konnte, Jugoslawien mal ausgenommen, aber für Deutschland gilt das sehr wohl!


2022 ist eine Zeitenwende - ob man es enerkennen möchte oder nicht. Diese Zeitenwende ist durch Putin erfolgt und nicht durch die NATO: ehemalige Staaten der UdSSR haben bei der NATO Schutz vor Putin gesucht, und nicht umgekehrt: die NATO hat Russland nie bedroht. Mir sind keine Fernsehsendungen im Westen bekannt, die in den letzten 20 Jahren darüber diskutiert hätten, wie man russische Städte ausradieren könnte, umgekehrt schon. Im Gegenteil: man hat nach dem Zerfall der UdSSR einen NATO-Russland-Rat eingerichtet und vieles mehr. Wann ist endlich eine Ende dieser falschen, russichen Geschichtserzählungen zu erwarten? Wann wird endlich unmenschliche Brutalität als das erkannt, was sie ist? Putin wirft der Ukraine vor, sie hätte russische Ukrainer ukrainisieren wollen - er hingegen will ehemalige UdSSR Staaten wieder „russifizieren“. Russland hat unter Stalin alle damaligen Teilstaaten der UdSSR russifiziert - ein Imperialismus im eigenen Einzugsgebiet, das ist die Wahrheit. Und das hat zum Verfall der UdSSR geführt, nicht die Verlockungen durch die westliche Lebensweise, oder die geheimdienstlichen Bedrängungen durch westliche Mächte.


Man konnte bei Hitler in „Mein Kampf“ nachlesen, was später als Lebensraumerweiterung durch NAZI-Deutschland verfolgt wurde, und man kann heute bei Putins „Russki Mir (Russische Welt)“ seit 2001 nachlesen, was auf uns durch den Kreml-Faschismus zukommen kann.

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