Frauen von mobilisierten, russischen Männern gehen auf die Straße und fordern die Rückkehr ihrer Männer von der Front der sogenannten „Spezialoperation“ in der Ukraine, und riskieren dabei ihre Freiheit. Sie haben längst erkannt, dass ihre Männer nicht für „die Ehre von Mütterchen Russland“ eintreten, sondern dass sie für gefährliche Allmachtsphantasien einer Clique von ewig Gestrigen im Kreml ihre Söhne opfern sollen.
Selbst Putins Propaganda mit ausgewählten Vorzeigewittwen, denen er nicht müde wird einzureden, es sei besser ihre Söhne sterben heldenhaft an der Front statt zu Hause am Wodka-Konsum, kann daran nichts mehr ändern.
Seit 1979, als die Sowjetunion in Afghanistan einmarschierte, ist dies gleichzeitig die Geburtsstunde des „Komitees der Soldatenmütter“. Valentina Melnikowa schwörte sich damals, als sie in der „Deutschen Welle“ vom Einmarsch Russlands in Afghanistan hörte, dass sie ihre Söhne niemals in eine Armee schicken würde, bei der Kriege von deralt alten und verrückten Männern vom Zaun gebrochen werden, für fadenscheinige Ziele der Ehre und des Ansehens. Es sei jetzt in der Ukraine bereits der 12. Waffengang seit 1979, bei dem Ihr Land Kranke, Straftäter und junge, mangelhaft ausgebildete Männer an die Front schicke, mit dem Unterschied: die rekrutierten Straftäter konnten bereits wieder nach Hause.
Tschetschenien in den 90er Jahren: russische Mütter ziehen an das Schlachtfeld und fordern ihre Söhne zurück, damals noch teilweise mit Erfolg. Vor 30 Jahren hat man Frau Melnikowa und dem Komitee noch Gehör geschenkt, unter Putins Russland ist das nun anders: Soldatenfrauen dürfen nicht darüber sprechen, sie zeigen wortlos ihre Protestschilder in sozialen Medien.
Früher waren die Soldatenmütter in den offiziellen Medien, heute müssen sie im Verborgenen agieren. Wenn es Bilder von Polizisten gäbe, die Frauen von Mobilisierten verprügeln und festnehmen und man diese Bilder an deren Männer und Kinder an der Front versenden würde, wäre das ein Wendepunkt: die Männer im Schützengraben, die eigentlich nicht wirklich wissen, wofür sie in einem fremden Land sterben müssen - im Gegensatz zu den ukrainischen Verteidigern, die ihr eigenes Land verteidigen - würden erkennen, das „Mütterchen Russland“ in den Händen ein paar weniger, ewig Gestriger, zu verkommen droht, im Inneren wie auch im äußeren Ansehen.
Das wirft nun auch wieder ein Bild auf die Wohlstands-Pazifismus-Szene in Deutschland. Ob Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer, Richard-David Precht, Konstantin Wecker….alle von mir respektierte Intellektuelle, die wie ich das tägliche Sterben in der Ukraine nicht länger ertragen wollen….alleine ihnen fehlt das Einfühlungsvermögen für den Ernst der Lage, in dem sich Europa gerade befindet. Diese Frauen und Mütter in Russland selbst haben es bereits begriffen: 12 Waffengänge Putins seit 1979 und kein Ende in Sicht, im Gegenteil. Aber man fordert Verhandlungen und ein Ende der Waffenlieferungen.
Ja richtig Herr Wecker, man hat diese Art von Pazifismus noch nie wirklich versucht, vielleicht bis auf Ghandis Proteste gegen die britische Oberherrschaft…..aber da waren immerhin „kultivierte Briten“ Gegenstand der Proteste, die sich von ihren eigenen Greueltaten noch vor Scham vor dem eigenen Volke haben belehren lassen. Aber in Putins Russland sieht das ganz anders aus.
Frieden schaffen ohne Waffen setzt eine kritische Masse an „reifen Individuen“ vor allem an den Staatsspitzen voraus, aber auch in den jeweiligen Völkern. Diese kritische Masse ist sicher nicht durch ein paar westliche Intellektuelle erfüllt. Und da dies so ist, ist auch mein Plan der des Ex-Bundespräsidenten Joachim Gauck, der gleichzeitig als Theologe durchaus mit den Verirrungen der menschlichen Psyche vertraut ist: die Ukraine muss mit westlicher Waffenhilfe in die Lage versetzt werden, Putins Russland ein Zeichen zu setzen - „bis hierhin und nicht weiter“.
Wie also könnte eine solche Botschaft aussehen? Es muss eine „militärische“ Botschaft der Stärke und des Widerstandes gegen willkürliche Machtübergriffe gegen internationales Recht sein, denn eine andere Sprache versteht dieser „Hinterhofprügler seit Kindertagen“ aus Moskau nicht. Keine Worte, nein, Handeln. Verhandlungen sind Worte und Worte sind geduldig, wie dies bereits der erste Überfall Russlands auf die Ukraine 2014 gezeigt hat: das Budapester Memorandum! Sicherheitsgarantien? Gegen welche Bedrohungen? Mit welchen Mitteln?
Europa muss aufwachen: die Wohlstandstage unter amerikanischem Schutzschild sind vorbei - unwiederbringlich! Was bedeutet das? Ja, leider muss wieder mehr Geld für Waffen ausgegeben werden als für wirkliche Probleme der Natur und Humanität.
Hören wir endlich auf, den Bedrohungslügen Putins glauben zu schenken, Russland sei umzingelt von Feinden, die es vernichten wollen, oder dem ständige Drohen seiner Gefolgschaft mit Atomraketen. Beugen wir den Lügen eines Donald Trump vor, in dem wir klare Kante als Europa zeigen, einem Europa bestehend aus ehemaligen Nationalstaaten, die genau das sind: „ehemalig“.
Gerade eben musste sich Europa eingestehen, seinen Versprechungen der Waffenhilfe an die Ukraine nicht gerecht werden zu können. Wenigstens konnten Gelder für die Aufrechterhaltung der ukrainischen Zivilgesellschaft bereitgestellt werden, bevor Putin seinen ukrainischen Genozid vollends erfolgreich durchführen kann. Er wartet geduldig auf einen Ko-Autokraten in den USA, mit dem er dann entsprechende „Deals“ aushandeln kann. So weit darf es einfach nicht kommen.
„Lieber rot als tot“ kann nicht erneut eine Parole freiheitsliebender Demokraten sein, freilich nun leicht „entfärbt“, denn „rot“ ist Putins Russland schon lange nicht mehr, sonder es stinkt auch dort nach korruptem Kapitalismus und bandenartig organisierten Itellektuellen, die ihr eigenes Volk in Geiselhaft nehmen.
Jegliche Vorabkalkulationen von Friedensplänen, die von Selenskijs Friedensplan abweichen, sind fehl am Platze: Putins Truppen müssen raus aus der Ukraine und die Krim gehört zunächst unter internationale Kontrolle.
Ach ja, die Krim! Will Herr Scholz immer noch aus fadenscheinigen Gründen keine Marschflugkörper „Taurus“ an die Ukraine liefern? Diese Flugkörper können zumindest russische Nachschubwege und Raketenstellungen auf der Krim zerstören und dem siegessicheren Herrn in Moskau signalisieren: das permanente Zerstören ukrainischer, ziviler Infrastruktur wird nicht mehr geduldet. Und es kann nicht schaden, wenn das beliebteste, noch verbleibende Urlaubsgebiet Moskauer Eliten nicht mehr ganz so attraktiv bleiben wird.
Harte Worte, ich weiß, aber sie folgen den Realitäten Betroffener und keinen Träumen Unbetroffener.
„Heiliger St. Florian, verschon mein Haus, zünd‘ andere an“ darf angesichts von Putins beginnendem Flächenbrand in der Ukraine nicht unser aller Devise sein!
Ja, eine Friedensordnung ohne Russland in Europa geht nicht, aber ein Frieden mit Putin und seiner Clique auch nicht, denn „Mütterchen Russland“ hat besseres verdient!
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