Massaker der Menschlichkeit?

Mit dem Krieg in Israel, ausgelöst durch das Massaker der Terrororganisation Hamas an unschuldigen israelischen Zivilisten am 7. Oktober 2023, zeigt sich erneut ein altes Phänomen. Wie ist das eigentlich mit dem Hinmorden unschuldiger und hilfloser Menschen? Wie kann es sein, dass Menschen sich immer wieder derart unmenschlich verhalten können?


Helmut Plessner, der emeritierte Hochschullehrer aus Göttingen und geachteter Gelehrter im Grenzbereich zwischen Philosophie und Soziologie, ist Mitbegründer der Philosophischen Anthropologie. Er musste 1933 wegen der jüdischen Abstammung seines Vaters Deutschland verlassen und kehrte erst 17 Jahre später nach Deutschland zurück.


Menschenverachtung und Unmenschlichkeit, oder schlicht alles, was uns am Menschen zweifeln lässt, liegt im Bereich seiner Möglichkeiten - so Plessner.


Er führt das auf „exzentrische Positionalität“ des Menschen zurück: wir können als Menschen auf Distanz zu uns selber gehen.

Im Unterschied zu Tieren und Pflanzen sind wir nicht auf ein bestimmtes Milieu verwiesen. Menschen besitzen kein „Zentrum“, wir sind notorische Exzentriker. Damit verfügen wir zwar über große Freiheiten, geraten aber dann oft in die Gefahr, die Bedürfnisse anderer zu ignorieren.


Die ganze Abgründigkeit der „exzentrischen Positionalität“ zeigt sich in Ideologien der Ungleichheit. Der Mensch kann zum Opfer seiner Träume und seiner Konsequenzen werden. Gemeinhin reden wir ja von „niederen Beweggründen“ bei grausamen Taten, in Wirklichkeit sind es aber oft „erhabene“ Motive, oft durch Ideologien und Heilslehren vermittelt.


Ich habe in diesem Blog bereits einige Artikel geschrieben, warum „Religionen“ zu absurden Ergebnissen der Menschlichkeit führen können, aber auch, welche ernstzunehmenden Wege es gibt, das offensichtlich noch fehlende Zentrum des Menschen in jedem Individuum erstmal zu entwickeln - z.B. der „Vierte Weg“. 


Der biologisch geborene Mensch harrt in Wirklichkeit noch seiner echten Geburt, oder wie es manche Religionsfgründer ausdrückten: der Wiedergeburt, oder zweiten Geburt, oder man sprach schlicht vom „Erwachen“. Das erfolgt nicht automatisch sondern erfordert Arbeit an sich selbst, also das Gegenteil von „andere für sich arbeiten lassen“, indem man sich religiös Gelehrten unterwirft, Schutz in ideologisch religiösen Gemeinschaften sucht, Glaubensbekenntnisse herunterrasselt, um ein künstliches „Ich“ zu entwickeln das verkündet: nur unser „wir“ ist das Richtige. „Stolz“ in jeder Form ist das erste Symptom einer solchen menschlichen Fehlentwicklung. Demut wäre das Gegengift.


Diese natürliche Exzentrizität des Menschen kann ihn zwar mitfühlend machen, muss es aber nicht zwangsläufig automatisch. Ein Mensch ohne „Zentrum“ agiert wie eine Maschine, getrieben von seinen Bedürfnissen, Träumen und Überzeugungen. Er unterwirft sich jenen, von denen er glaubt, sie wüssten, wo es lang geht, statt sich an jenen Ursprünglichen zu orientieren, von denen sich diese Experten der Kirchen, Moschen und Synagogen ihre Autorität einst gestohlen haben: den Religionsgründern nämlich, die sich alle im Grabe umdrehen wüden ob ihrer Nachfolger.


Wenn also Terroristen Zivilisten ermorden und massakrieren, alte Menschen, Frauen und Kinder, dabei noch Selfis davon machen auf ihren Handies und diese dann stolz als Verteidiger des „Wahren Glaubens“ posten…exzentrischer und unreligiöser kann man gar nicht sein - unter den Blinden ist der Einäugige eben König, und unter den Hamas-Terroristen sind die  iranischen Mullas die Könige.


Wer verrutschte Kopftücher bei Frauen unter Todesstrafe stellt, kann von keinem „wahren Glauben zu Allah“ künden, er verkündet im Gegenteil die eigene Ohnmacht vor dem Angesicht Gottes, er tanzt gemäss Moses um „das selbstgemachte Goldene Kalb“, statt dem wahren Gott der Menschlichkeit wirklich zu huldigen, der den Menschen eigentlich nach seinem Ebenbild schaffen wollte. Diese sogenannten „geistlichen Führer“ erschaffen im Gegenteil umgekehrt einen Gott nach dem Ebenbild gescheiterter Menschen. Das es sich bei diesen gescheiterten Anführern meistens um Exemplare des männlichen Geschlechts handelt kommt nicht von ungefähr: Fürsorge und Einfühlungsvermögen sind mit Machogehabe eben nicht vereinbar.

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