Ich weiß nicht, ob ich heulen oder jubeln soll!
Der neue Verein von Sahra Wagenknecht (Bündnis Sahra Wagenknecht - BSW) soll einer neuen Parteigründung im Frühjahr 2024 dienen, deren Ziele der Linken-Politiker Gregor Gysi, übrigens einer der nur drei direkt gewählten Linken Politiker, wie folgt beschreibt: "Sie will mischen: Sozialpolitik wie die Linke, Wirtschaftspolitik wie Ludwig Erhard und Flüchtlingspolitik wie die AfD." Man kann sagen: Frau Wagenknecht wäre eigentlich gar nicht im Bundestag wie ihre anderen nicht direkt gewählten Kollegen und Kolleginnen, gäbe es nicht noch dieses Schlupfloch von 3 Direktmandaten, wenn die 5 Prozent Hürde nicht genommen wird im Wahlgesetz. So konnten gem. Liste der LINKEN doch 38 Kanditaten in den Bundestag einziehen, weil drei Direktmandate erzielt wurden. Aber das Wahlgesetz wird ja geändert, um diese unverhältnismäßige Zunahme an Gesamtsitzen wegen Überhang- und Ausgleichsmandaten endlich zu beenden.
Ganz Unrecht hat also Herr Gysi bezüglich Frau Wagenknecht nicht:
Flüchtlingsbegrenzung, fossile Energie wie Erdgas wieder aus Russland, Aufhebung der Sanktionen gegen Russland, weil sie Deutschland mehr schaden als Russland, keine Waffenlieferungen mehr an die Ukraine, damit das gegenseitige Töten endlich aufhört. Letzteres ein frommer Wunsch ohne echte Realisierungshandhabe: Frau Wagenknecht weiß immer genau was passieren wird, wenn man weiter Waffen liefert, oder wann Putin nuklear reagiert, und wer an dem Debakel Schuld trägt - natürlich die NATO/USA - sie schweigt aber weiter darüber, was eigentlich passieren könnte, wenn die Waffen jetzt tatsächlich schweigen würden, oder: sie weiß es einfach nicht besser!
Ihre Motivation: die deutschen Bürger sind hoch unzufrieden mit der Ampel-Regierung - eine Regierung aus drei unterschiedlichen politischen Kräften, die in Zeiten extremer Zuspitzungen von Problemen in der Welt eigentlich nachweislich Schlimmstes vom deutschen Volk abgewendet haben, trotz vorhersehbarer, holpriger und manchmal auch peinlicher Entscheidungsprozesse.
Man kann von außen als Zuschauer natürlich immer alles schlecht reden, man kann aber auch in Regierungsverantwortung das Beste tun, was möglich ist.
Aber Frau Wagenknecht ist gut im Schlechtreden: mit ihrem Bestseller über die Linke „Die Selbstgerechten“ hat sie wohl den Nerv ihrer einstmaligen linken Mitstreiter getroffen. Auch hier wieder berechtigte aber doch auch nur Teilwahrheiten, wie man hört. Es kommt eben immer auf den Blickwinkel an.
Hat sie wirklich Lösungen, oder lediglich publikumswirksame Kritik am Staat, in einer Stimmungslage der Bevölkerung, die sich in ihrem Gewohnheitswohlstand durch aktuell globale, drastische Veränderungen gestört und beeinträchtigt fühlt? Sich politisch an Gefühlen zu orientieren, wo es einem in den Kram passt, und Fakten bzw. deren Interpretation einseitig an einem eigenen Weltbild zu orientieren, das man nicht gänzlich offenlegt, ist verständlich aber auch gefährlich.
Ihre westliche Kapitalismuskritik ist berechtigt, eine analoge, berechtigte Kritik an den ehemals von den Linken doch so bewunderten kommunistischen und sozialistischen Staatsführungen in östlichen Systemen, z.B. in Russland, mit den Politfunktionären und Oligarchen, lässt sie allerdings nach wie vor vermissen.
1989 trat sie in die SED ein und noch als Mitglied der „Kommunistischen Plattform“ in der PDS lobte sie rückblickend die DDR. 2019 gründete sie mit ihrem Mann Lafontaine das später gescheiterte Projekt „Aufstehen“, mit dem selbst ich damals sympathisierte, denn sie hat tatsächlich immer wieder gute Argumente. Doch nachdem ich auch und gerade wegen ihrer Gedanken Versuche unternahm, der örtlichen LINKEN mich zu nähern, schlug mir dort überraschend eine Welle der Empörung entgegen: sie macht wohl allzugerne lieber ihr eigenes Ding, als sich den eigenen Parteiregeln zu unterwerfen. LINKS und Wagenknecht scheint itgendwie nicht zu passen. An dieser Stelle wurde auch ich bereits skeptisch, obgleich ich ebenfalls vollständig ein Kritiker der bestehenden Vermögens- und Wohlstandsverteilung auf der Welt bin.
Ihre Haltung zum Ukraine Krieg und ihr blindes Auge dabei für Putins systematischen Umbau Russlands in eine autoritäres System einer Kleptokratie - wieder von ihr unkommentiert - lehrte mich, dass selbst intelligente Menschen ihren politischen Prägungen wohl offensichtlich nicht so einfach entfliehen können. Auch das zelebrierte Feindbild „der Westen und die NATO“, bei allen Fehlern der Vergangenheit, überzeugte mich immer weniger und gleicht zunehmend einer Moskau nahen Verschwörungstheorie über den Westen.
Kurzum, eine neue Wagenknechtpartei wäre eigentlich ein „linker“ Etikettenschwindel mit viel rechtspopulistischem Inhalten - nur so lässt sich erklären, warum ihre zukünftige Partei nach Expertenmeinungen wohl auf Kosten der AfD großen Zulauf erhalten könnte. Sie mag die AfD verklagen ob deren Plakaten, die ihre Person für AfD Zwecke einbinden, aber es gilt: „die Geister die ich rief….“!
Wollen wir wirklich eine Wagenknechtpartei, nur um die AfD zu schwächen? Ich jedenfalls nicht!
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