AfD: Autonomie für Dilletanten?

Meine Uminterpretation des Kürzels „AfD“ von „Alternative für Deutschland“ zu „Autonomie für Dilletanten“ gründet sich auf Argumente, die jüngst Markus Lanz und Richard David Precht in ihrem 96. Podcast ausgetauscht haben.


Um es gleich vorweg zu nehmen: ich verwende das Wort „Dilletanten“ nicht in herabwürdigender Absicht, sondern im ursprünglichen Wortsinn von „nicht professionell“ und „amateurhaft“.


Die Verwendung des Wortes „Autonomie“ in meiner neuen Interpretation des Kürzels „AfD“ ist der Tatsache geschuldet, dass das Parteiprogramm der AfD laut Herrn Precht tatsächlich auf diesen gemeinsamen Nenner gebracht werden könnte: „mehr Autonomie“ auf allen politischen Gebieten.


Insofern ist das Parteiprogramm der AfD durchaus demokratisch verfasst, bis auf Schlussfolgerungen zur Klima- und Energiepolitik, die auf der Leugnung von Fakten beruht, wie z.B. die Klimakrise sei nicht von Menschen verschuldet.


Lanz und Precht sind sich aber zu Recht einig, dass die Führungspersönlichkeiten der AfD mit ihrem eigenen Parteiprogramm nicht so richtig harmonieren wollen: ein Björn Höcke, der keinen Hehl aus seiner Affinität zu der deutschen, nationalsozialistischen Vergangenheit macht, ein Alexander Gauland, der vom Verfassungsschutz bescheinigt „völkisch-nationalistische“ Ideen vertritt, einer Alice Weidel, die eine neurechte Verschwörungstheorie des „Großen Austauschs“ hinsichtlich des Migrationsproblems das Wort redet und ein Tino Chrupalla, der eine Reichsbürger konforme Geschichtssicht propagiert und Amerika eher als Feind sieht als Putins Russland.


Was aber bedeutet nun die Forderung nach mehr Autonomie im Parteiprogramm der AfD?


Es bedeutet in Richtung Europapolitik den Ausstieg Deutschlands aus der EU, um mehr Autonomie z.B. in der Agrarpolitik zu erreichen. Im Parteiprogramm wird von einer Umbildung der EU gesprochen, eine neue Vereinigung von autarken Nationalstaaten. Wie das genau gehen soll, steht dort nicht.


Mehr Volksentscheide, mehr Basisdemokratie - auch hier nur wenig Konkretes.


Migrations-Autonomie: hier wird der alte Begriff „Entwicklungshilfe“ bemüht, für Staaten in Afrika, die demokratisch organisiert sind und in denen keine Korruption vorherrscht - leider sind genau diese Staaten gerade nicht jene, aus denen sich gerade die vielen Migranten rekrutieren.


Womit hängt aber das derzeitige Umfragehoch der AfD von 21 % ab, bei dem selbst die CDU übertrumpft wird? Es sind nicht die wenigen Rechtsradikalen mit ihren Parolen in der AfD, die diesen Massenzulauf generieren, es ist das Spiel mit der Angst und der Unzufriedenheit der Menschen mit der gegenwärtigen Regierungspolitik: „die da oben haben nichts im Griff“ - das ist Originalton der Donald Trump Anhänger in den USA, wo sich der Zorn einfacher Bürger gegen die etablierten Eliten in Washington richtet, und ein geschickter und skrupelloser Lügner und Demagoge wie Trump sich an die Spitze einer Verschwörungsbewegung setzen kann um letztlich die Demokratie selbst zu demontieren.


Die Demontage der Demokratie erfolgt immer über das Einfallstor der Judikative, der Justiz: man bringt zunehmend eigene Parteifreunde in Richterämter, Behörden und Staatsanwaltschaften und unterwandert so die Gewaltenteilung. Das erfolgte in Ungarn so und man kann aktuell diesen Versuch der Regierung Netanjahu in Israel verfolgen. Und auch ein Donald Trump hat während seiner Amtszeit bereits sicher gestellt, dass selbst bei einer drohenden Verurteilung und Inhaftierung seiner Person, dass dann zuständige Höchste Gericht der USA im Falle seiner Wiederwahl ihn aus dem Gefängnis in das „Oval Office“ verlegen könnte, weil er ihm getreue Richter dort installiert hat. Als Präsident kann er sich zudem selbst amnestieren. Es gibt weitere Tricks, von denen Lanz berichtet: man erhöht die Anzahl von Gerichten - durchaus plausibel bei vorhandenen Aktentürmen, und besetzt die neu erforderliche Stellen mit eigenen Leuten. Oder man setzt das Wahlalter für Richter herab usw. usw..


Was kann man aber gegen eine falsche Ausrichtung der Wählerstimmung hin zu reinem Protestverhalten tun? Man müsste auf der Ebene der Kommunen und Gemeinden tatsächlich autonomere Ansätze bei allen Parteien fordern, denn genau dort ist Autonomie sinnvoll, wird eingefordert und bereits erfolgreich implementiert. Dies gesetzlich weiter zu fördern wäre wünschenswert und würde den Drang der dortigen Wähler zu Protestwahlen deutlich einschränken.


Es wäre daher fragwürdig, die viel beschworenen Brandmauern gegen die AfD bis auf die unteren politischen Ebene der Landratsämter, Kommunen und Gemeinden einfach nur auszudehnen, wenn dort vernünftige Personen, unabhängig von ihrem Parteibuch, vernünftige Politik betreiben können. Ob diese dann gewählten AfD Vertreter sich aber ihren Erfolg von einem Björn Höcke gratulieren lassen sollten, steht auf einem anderen Blatt.

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