Wie verzeifelt und international isoliert muss jemand sein, der wegen eigener, imperialistisch revisionistischer Bestrebungen, durch den Diebstahl und die Vernichtung ukrainischer Getreidevorräte im Rahmen seines Angriffskrieges gegen die Ukraine und neuerliche Verhinderung des Transportes ukrainischen Getreides in die Welt über das Schwarze Meer, nun eigenes Getreide umsonst für bestimmte afrikanische Länder anbietet?
Anwort: sehr verzeifelt!
Putins kürzlich beendeter Afrika Gipfel in St.Petersburg, bei dem zwar 49 afrikanische Staaten eingeladen waren, aber nur 17 Staats- und Regierungschefs angereist sind, verfolgt seine imperialistischen Ziele in Afrika weiter, wie sie bereits mit den Wagner-Söldnern seit geraumer Zeit laufen: Putins Söldner liefern den jungen afrikanischen Staaten militärischen Schutz und dafür dürfen sie sich an dortigen Rohstoffen, Edelmetallen, Diamanten, seltenen Erden usw. bereichern.
Kurz zuvor war eine Friedensinitiative befreundeter afrikanischer Staatschefs zum Ukrainekrieg von Putin ignoriert worden und damit gescheitert. Eine afrikanische Delegation war zunächst nach Kiew und dann nach Moskau gereist.
Putin betreibt das grausige Geschäft der ehemaligen Imperialmächte Europas in deren ehemaligen afrikanischen Kollonien einfach weiter, allerdings unter dem Deckmantel eines Befreiers, Gönners und Retters.
Putin wird „geliebt“ in Afrika, wie das Titelbild deutlich zeigt. Aber warum?
In Afrikas Sahelzone unterstützt Putin seit langem autokratische Systeme wie z.B. in Mali und Burkina Faso und nun wird er wohl auch im antidemokratischen Putsch des Militärs in Niger seine Rolle finden.
Die Afrikanische Union hat zwar bereits die Putschisten im Niger aufgefordert, die demokratische Regierung wieder einzusetzen, die afrikanischen Autokraten in Mali und Burkina Faso, Putins Freunde, drohen aber bereits mit Krieg, falls man die demokratisch gewählte Regierung wieder einsetzen möchte.
Vordergründig verteidigen Putins Wagner-Söldner in Afrika die betroffenen Staaten vor Kämpfern des Islamischen Staates, hintergründig bereichern sich dort russische Eliten, Putin eingeschlossen.
Der Südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa steht zwar an Putins Seite, hat aber deutlich dessen Angebot von Getreide-Geschenken abgelehnt: man will lieber ein für den Handel offenes Schwarzes Meer.
Ramaphosa wurde kurz zuvor von Putin bedroht, sollte er als Gastgeber des kommenden BRICS-Gipfels in Südafrika Putin wegen des gegen ihn gerichteten internationalen Haftbefehls des IStGH wegen Kriegsverbrechen dort verhaften wollen. Es würde einem kriegerischen Akt gleichkommen, ihn, Putin, dort zu verhaften. Ramaphosa bemühte sich dann um eine Aussetzung des Haftbefehls beim IStGH für die Zeit der Konferenz, aber Putin lenkte einen Tag später selber dann ein, indem er seinen Außenminister entsenden wird und selbst über eine Video-Schalte teilnehmen wird.
Auch hier wieder das chaotische hin und her im Kremel: erst drohen, dann einlenken. Schon beim Rebellen Prigoschin war dies erkennbar: erst als Verräter verurteilt, dann am selben Tag doch amnestiert. Sagt das etwas über Putins Machtgefüge aus? Aber freilich: seine ganzen anschließenden, öffentlichen Bemühungen, wieder den großen Staatsmann zu mimen, können die Risse in seiner Machtstruktur nicht kaschieren.
Südafrikas Freundschaft zu Putin beruht auf der damaligen Unterstützung des ANC durch Russland gegen die damalige Arpartheid-Politik Südafrikas, die letzlich 1994 zur ersten freien Wahl von Nelson Mandela führte.
Dieses Afrika angebotene Getreide-Geschenk Putins überlagert allerdings seine jüngste Erhöhung der Exportzölle auf russisches Getreide: man verdient inzwischen weniger am Getreideexport in Russland, und muss daher über Zölle auf auszuführendes Getreide Geld für den Krieg in der Ukraine generieren. In einer solchen Situation will Putin gleichzeitig Getreide verschenken? Ich glaube, der gute Herr ist nicht mehr Herr der Lage.
Bisher haben sich die Frachter rund um ukrainische Häfen durch Putins Drohung der Vernichtung ja nicht abschrecken lassen - mit Erfolg.
Ich glaube, dieses Spiel aus Drohen und Einlenken des Kremels werden wir in nächster Zeit zunehmend verfolgen können.
Wenn es ukrainischen Drohnen wie kürzlich zielgenau gelingt, in Moskau ein Hochhaus zu treffen, in dem sich u.a. das Ministerium für Landwirtschaft befindet, kann man umgekehrt von gezielten und erfolgreichen Maßnahmen der Ukraine in der Getreidefrage sprechen. Dagegen wirken die verzweifelten, russischen Vergeltungsangriffe auf ukrainische Kulturgüter als das, was sie letztlich sind: barbarisch motivierte Kriegsverbrechen. Das Putins KGB-Kumpan und Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche Kyrill I die Zerstörung eines Hauses Gottes im eigenen Kircheneinflußraum, wenn auch in der Ukraine, widerspruchsfrei hinnimmt, ist das nächste Puzzle eines in sich zusammenbrechenden Staatsgefüges.
Dass die Angriffe auf Moskau von Putin nun als Terrorakte der Ukraine gegen Moskau begriffen werden ordnet sich nahtlos in sein eigenes, falsches Narrativ einer „militärischen Spezialoperation“ in der Ukraine ein. Russland führt aber ja eigentlich einen Krieg ohne Kriegserklärung gegen die Ukraine, und bei solch einer realistischeren Einschätzung wäre der gezielte Angriff auf ein Ministerium in Moskau wohl verständlicher Bestandteil legitimer Kriegshandlung für objektive Beobachter des Weltgeschehens.
Putin muss den zunehmenden Unmut im eigenen Volke spüren, und dafür sind nicht nur die zunehmenden Molotowcocktail Angriffe auf seine Musterungsbehörden zur Rekrutierung russischer Soldaten ein sicheres Zeichen. Bereits die kriegstreiberischen Äußerungen eines Ex-Präsidenten Medwedew und deren anschließende Relativierung und Beschwichtigung durch den Regiergunssprecher Peskow im Kremel demonstrieren ein gespaltenes Reich.
Die Entwicklungen in Afrika dürften allerdings mitentscheidend für zukünftige Friedensverhandlungen sein, ebenso das jüngste, internationale Verhandlungsangebot aus Saudi-Arabien, zu dem Russland nicht, wohl aber China eingeladen werden soll.
Hauptgrund, Putin an einen Verhandlungstisch zu zwingen, kann aber nur die Kontrolle der ukrainischen Armee über die Krim sein - nichts Geringeres wird Putin zum Einlenken zwingen. Der damit verbundene Gesichtsverlust Putins könnte dann zur Rektutierung eines Nachfolgers für die kommenden Präsidentschaftswahlen 2024 in Russland führen. Dies erfolgte bereits einmal in den 90ern in Russland, als Jelzin Putin als Nachfolger einsetzte und dieser später dann auf Grund seiner Popularität im Tschetschenien Krieg gewählt wurde.
Was bleibt dem Westen? Endlich zeitnahe Lieferung von effektiven Waffensystemen, um russische Überlegenheit im ukrainischen Luftraum endlich zu beenden. Es liegt nicht an der Ukraine, die teilweise 15 km tiefen Minenfelder der Russen im eigenen Land überwinden zu müssen, währen Russland weiter Kampfhubschrauber und Minenwerfer einsetzt, es lag an unserem Zögern, das Russland in 6 Monaten diese Verteidigungsanlagen auf ukrainischem Gebiet überhaupt errichten konnte.
Die deutsche Lieferung des Marschflugköpersystems Taurus an die Ukraine wäre ein klares Zeichen wirklicher Solidarität mit der Ukraine und ein klares Zeichen an Putin, seinen propagandistischen Drohungen keinen Glauben mehr zu schenken.
Kommentar schreiben