Flöten der Kulturen

…..ein Teil meiner Flötensammlung….von links nach rechts:
Yozan 1.8 Shakuhachi
Kiz-Ney von Gökhan Özkök
Bansuri Ais/Dis von Anubodh
Kaizan Zenmura 1.8 Shakuhachi, von Monty Levenson überarbeitet
Kyotaku von Tilopa 

Wie man bereits aus meiner Vita erkennen kann bestimmt die Musik zu einem großen Teil mein Leben. Ich habe es zwar nicht zum professionellen Musiker gebracht, aber mir war bei allem Musizieren immer auch die spirituelle Komponente ein Herzensanliegen. Musik und Spiritualität lassen sich für mich nicht trennen: beide sind Geschenke, die an unsere wahre Herkunft erinnern sollen, jenseits von Geburt und Tod und allen Dramen, die dazwischen so stattfinden, ob erregende oder auch Furcht erregende Ereignisse.


Bereits  in jungen Jahren um das 14. Lebensjahr, wenn ich mich auf der Gitarre zu Liedern von Donovan oder Joan Baez begleitete, ergriff mich beim Musizieren immer etwas Größeres, etwas, das über mich selbst hinausdeutete. Das Nacheifern von musikalischen Vorbildern wurde so zu meiner zweiten Natur.


Die Flöten kamen in den frühen 90er Jahren in mein Leben: ich war gerade in anstrengenden Software-Projekten der Deutschen Rentenversicherung unterwegs und gleichzeitig wurden unsere beiden Söhne in der größten Stressphase geboren.

Da sehnt man sich nach Auffüllung der Energiereserven. Ich war gerade musikalisch auf die Querlöte aufmerksam geworden, früher bereiets durch Ian Anderson von Jethro Tull und aktuell dann von Paul Horn mit seinen Aufnahmen im Taj Mahal. Mein damaliger Kumpel Volker versuchte sich gerade an einem Saxophon, doch seine Gehörbildung war noch in der Anfangsphase und entsprechend hörte sich das dann an. Ich hatte mein Gehör bereits intensiv über Jahre entwickelt, indem ich von Spitzenmusikern von Schallplatten Rille für Rille auf dem jeweiligen Instrument meines Interessses kopiert habe, einschließlich komplexer Harmoniestrukturen au der Jazz-Gitarre - alles immer als Autodidakt.


Kurzum, Volker Querflöte landete übergangsweise über Weihnachten in meinen Händen und ich erkannte ihr Potential auch für meine inzwischen intensive Liebe für den Jazz. Schwarze Jazz-Musiker waren damals auf religiösen Trips, überwiegend den Islam betreffend, und ich las und hörte darüber nicht nur in den Büchern und CDs von Joachim-Ernst Behrendt. 


Nun ist die Querflöte in Form der Böhmflöte ja ein technisch ausgereiftes Instrument - ein westliches Instrument eben. Der östliche Kulturkreis ging schon immer einen anderen Weg: einfache, rudimentäre Instrumente sollten die musikalishe Geschicklichkeit und die Persönlichkeit des Musikers entwickeln, es wurde weniger Energie in die Entwicklung perfekter Musikinstrumente investiert - sie verblieben oft in ihrer ursprünglichen Konzeption und man bewahrte bewußt dieses Erbe.


Über die Querflöte kam ich ja auf geheimnisvolle Weise zur Shakuhachi, darüber hatte ich schon geschrieben. Ein Instrument aus dem Wurzelbambus der Spezie Madake. 5 einfache Löcher ergeben eine D-moll pentatonische Tonleiter - alle anderen Töne werden durch Teilabdeckung der Grifflöscher und viel mehr noch durch Veränderung des Anblaswinkels durch Kopfneigungen erzeugt.


Für mich ist die Shakuhachi wegen ihrer Klangvielfalt faszinierend: man kann weiche, sensible Töne entlocken, aber auch harsche und grobe. Neben der Shakuhachi kam dann noch die türkische Ney Flöte und die indische Bansuri zu meinen Flöten hinzu. 


Zur Ney inspirierte mich der Sufi-Musiker und -Mystiker Kudsi Ergüner. Dieses Instrument wird oft für die Präsentationen der „wirbelnden Derwische“ verwendet. Sie wird aus Schilfrohr gefertigt, nicht aus Bambus. Der Mystiker Rumi hat dieser Flöte in seinem Werk Matnavi die ersten Verse gewidmet.


Zur Bansuri hat mich mein damaliger Querflötenlehrer Wolfgang Georg Schulz immer wieder überreden wollen. Mich faszinierte natürlich der indische Ausnahmemusiker  Hariprasad Chaurasia und später der ursprünglich aus Südafrika stammende indische Musiker Deepak Ram, der mi der Bansuri sich auch moderner Jazz Stücke von John Coltrane annahm.


Sowohl die Bansuri als auch die Ney haben wie die Shakuhachi starke, spirituelle Wurzeln. Die Bansuri ist das Instrument des indischen Gottes Krishna, die Ney spielt eine große Rolle im Sufismus, also der islamischen Mystik, und die Shakuhachi war ein Werkzeug der Mönche der „Leere und des Nichts“, den sogenannten Komuso, die als herrenlose Samurai während des Tokugawa Shogunats als sogenannte „Ronin“ Aufnahme und Disziplin in der japanischen Fuke-Shu Sekte fanden. 


„Komuso“ oder Komusō (虚無僧) leitet sich ab aus kyomu (虚無) oder Komo, was Nichtigkeit bedeutet, und kyo () mit der Bedeutung „nichts, leer, falsch“, und mu () mit der Bedeutung „nichts, ohne“, ein bekanntes Zen-Koan, und dem Wortteil  () mit der Bedeutung „Priester“.


Im Sufismus gibt es in der persischen Schrift Farsi eine Kaligraphie mit identischer Aussage: Hiç NichtsDer Sufismus spricht von Entwerdung (Fana) als Ziel spiritueller Praxis.


Also: ethnologische Flöten haben eine lange, spirituelle Tradition. Schon vor 40.000 Jahren haben Menschen musiziert, z.B. auf Knochenflöten, die dem Konstruktions-Prinzip Shakuhachi oder Quena sehr nahe kommen.  Die Quena als sogenannte Andenflöte ist hier ebenfalls einzuordnen.


So, das war nun ein kleiner Ausflug in die Welt der archaischen Flöten der Menschheit. Ich kann jedem nur empfehlen, ein Musikinstrument zu erlernen, denn der Lernprozess selbst und ggf. das daraus resultierende Ergebnis festigt die Seele und die Psyche! Und das benötigen wir heutigen Menschen wieder in besonderem Maße angesichts der besorgniserregenden Entwicklungen auf dieser Erde.

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