….ein interessanter Vortrag von Prof. Ulrich Schmid der Universität St. Gallen vom 13.7.2023.
Ich möchte einige wichtige Punkte aus diesem aufschlussreichen Vortrag über die Strukturen des Kreml, seine ursprünglichen Kriegsziele in der Ukraine, das bisherige und zukünftige Versagen zur Erreichung dieser Ziele und der möglichen Zukunftszenarien herausgreifen.
Das Ursprungsziel Putins war ja: Entwaffnung der Ukraine und Entnazifizierung. Beide Ziele wurden kurz vor der Rebellion des Wagner-Chefs Prigoschins von diesem als Betrug am eigenen Volk klassifiziert. Diese Aussage wird Putin mehr schaden, als es die auf Moskau zunächst zurollenden Panzer Prigoschins vermögen konnten.
Doch der Reihe nach.
Prof. Schmid zeichnet zunächst ein Bild des inneren Zirkels um Putin im Kreml und identifiziert vier Gruppierungen:
Ideologische Hardliner (grüne Fläche):
Medwedew (2008-2012 Präsident)
Patruschew (Sekretär Nationaler Sicherheitsrat)
Malofejew (religiös patriotisch TV Tsargrad: Großreichphantasie Katharina die Große - Tsargrad=Konstantinopel=Istanbul)
Kowaltschuk (Petersburger Freund Putins, Anteile 1. russischer Fernsehkanal, reichster Mann)
Djumin (ehem. Leibwächter Putins)
Die Kriegspartei, Kriegstreiber (rosa Fläche):
Prigoschin (Chef Söldnergruppe Wagner)
Kadyrow (Präsident Tschetschenien)
Die Loyalisten (graue Fläche):
Schoigu (Verteidigungsminister)
Girassimow (General)
Lawrow (Außenminister)
Diejenigen, die vor der Spezialoperation zufrieden waren (gelbe Fläche):
Abramowitsch (Oligarch, wollte in der Türkei zwischen Russland und Ukraine vermitteln)
Fridman (Oligarch, dieser Krieg ist nicht gut für Russland)
Naibulina (Chefin Russische Zentralbank)
Mischustin (Ministerpräsident)
Sobjanin (Moskauer Bürgermeister, Modernisierer, gegen Krieg)
Manturow (Handelsminister)
Als nächstes gruppiert Prof. Schmid die Personen um:
Petersburger Tschekisten (rot)
Silowiki (grau: Geheimdienst, Militär)
Oligarchen (grün)
Liberale Insider (braun)
Was waren/sind die russischen Pläne für die Ukraine, abgesehen von Entnazifizierung, Entwaffnung
Anfängliche, konfuse Truppenbewegungen der russischen Armee
Drei Teile der Ukraine: im Osten annektierte Gebiete, in der Mitte Errichtung eines Marionettenregims in Kiew, im Westen eine Pufferzone als ukrainischer Rumpfstaat.
annektierte Oblaste
Frontverlauf und Befestigungsanlagen. Wegen 6 Monatigem Zögern des Westens beim Liefern effektiver Waffen.
Zwei Soziologen beurteilen die Zustimmung im russischen Volk:
Aus der realistischeren Einschätzung des Grigory Yudin schließt Prof. Schmid, dass die kommenden Präsidentschaftswahlen 3/2024 in Russland eine geringe Wahlbeteiligung haben werden und dass Putin sich nicht nocheinmal zur Wahl stellen wird. Vermutlich wird bis dahin ein neuer Ministerpräsident aufgebaut, der dann für die Präsidentschaft kandidiert. Prof. Schmid sieht ein ähnliches Modell wie 1999 zwischen Jelzin und Putin.
Als Zukunfstperspektive sieht Prof. Schmid 4 Szenarien:
Russland 1917
Spanien 1975
Bosnien 1995
Nordirland 1998
Für wahrscheinlich hält er das Modell Spanien, wo damals Frankos Faschismus letztlich durch einen Vertreter des Königshauses Richtung Europa gebracht wurde. Allerdings wird weder eine demokratische noch europäische Bewegung in Russland zu erwarten sein. Lediglich eine Veränderung der faschistischen Situation.
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