World Shakuhachi Festival 1998 - Bolder/Colorado/USA

Dieses Festival war ein Meilenstein in meiner musikalischen Entwicklung. Ich hatte 1993 gerade mit dem Erlernen der Querflöte begonnen und kam durch Zufall 1994 in Kontakt mit der Shakuhachi über meine Querflötenlehrerin Antje Langkafel. Darüber habe ich bereits im Blog „Shakuhachi - Japanische Bambusflöte“ geschrieben.


Nachdem ich auf einer Kunstoffrohr-Shakuhachi von Dan E. Mayers, dem damaligen Präsidenten der ISS (International Shakuhachi Society) mit dem Selbstlernbuch „Blowing Zen“ von Carl Abott, überreicht von meiner Querflötenlehrerein,  erste Erfolge erzielte, buchte ich in Würzburg bei Karen Anke Braun einen ersten Shakuhachikurs im Haus St. Benedikt. Karen hatte einen Magister in Music (MA) in Südengland an der University of York bei ihrem dortigen Lehrer Yoshikazu Iwamoto abgelegt, einem Meisterschüler von Katsuya Yokoyama, der wiederum u.a. bei dem berühmten Watazumi Doso Roshi Unterricht genommen hatte. Jokojama San war wohl einer der berühmtesten Shakuhachi Meister des Kinko Stils und auch der Lehrer meines späteren Lehrers Dr. Jim Franklin, den ich ebenfalls später in Bolder kennenlernte. 


Karen Anke leitete einen Workshop für das Spiel der Shakuhachi. Wenig später wurde ich über das internationale Festival in USA 1998 über Karen Anke aufmerksam und buchte eine Teilnahme mit meiner Frau Elke als Begleitung. 


Im Vorfeld wurde mit eine Ton-Kassette und umfangreiche, japanische Notation von dem Material, das an der University of Bolder bearbeitet werden sollte, zugeschickt. Ich konnte mich gerade mal mit einem Stück (Tamuke) vorab beschäftigen, das musste reichen.


Dieses Festival war eines der ersten und internationalsten in der Geschichte der Shakuhachi. Alle namhaften Meister aller Shakuhachi Schulen, insbesondere aus Japan, aber auch der ganzen Welt,waren vor Ort und hielten Workshops ab und gaben Konzerte. Das Festival fand vom 5. Juli bis zum 11. Juli 1998 statt. Eine erste Hürde war die Anreise: unser Flug von Stuttgart wurde gecancelled, dafür wurden wir einen Tag später eingecheckt und erhielten zwei 800,- USD Gutscheine, für weitere Flüge binnen Jahresfrist. Die Frist wahr im Folgejahr zwar knapp abgelaufen, aber wir konnten mit diesen Gutscheinen mit unserer Familie (mit meiner Frau und meinen beiden Söhnen) dich einen eunderbaren Urlaub auf Hawaii verbringen. Der war natürlich auch musikalisch motiviert, denn ich hatte mich inzwischen mit dem Maui-Xaphoon beschäftigt, dessen Erfinder Brian Wittman dort lebte und den ich unbedingt treffen wollte. Aber weiter mit Bolder.


Durch den Tag Verzögerung versäumte ich leider die Eröffnungsfeier, bei der wohl auch reichlich Reisschnaps floß. Der Terminplan war reichlich gefüllt, manche Kurse und Workshops fanden auch parallel statt und man musste sich entscheiden. Die Teilnehmer waren in Studentenbuden der Universität untergebracht und es gab für das leibliche Wohl eine Universitätsmensa.


Ich besuchte Kurse bei Hozan Yamamoto (Tozan Ryu), Katsuja Yokoyama (Kinko Ryo), Goro Yamaguchi und Masayuki Koga und besuchte die vielen Konzerte mit meiner Frau Elke am Abend.


Karen Anke war mit von der Partie und machte mich mit ihrem Lehrer Yoshikazo Iwamoto bekannt. Er hielt ein paar Monate später in Würzburg im Haus St. Benedikt einen Meisterworkshop ab, an dem ich natürlich auch teilnehmen musste. Dort lernte ich auch meinen späteren Freund Toni Clark kennen, ebenfalls Schüler von Iwamoto San, aber aus meiner Sicht auch einer der besten deutschen Spieler auf diesem schwierigen Instrument. Und natürlich traf ich Jim Franklin aus Australien, meinen späteren Lehrer in Deutschland.


Gleichzeitig wurden natürlich Instrumente angeboten, von Meistern für Anfänger und Meister. Ein wichtiger Kontakt war dort für mich Monty Levenson, einer der besten Shakuhachi Konstrukteure und ein Meister im Retten hoffnungsloser Fälle von Bambusschäden an einer Shakuhachi. Ich nahm in der Folge oft seine Dienste in Anspruch, was unter gegenwärtigen Zollbedingungen zwischen den USA und Deutschland nicht ganz einfach und ziemlich kostspielig war. Wer auf seiner Website meinen Namen googelt, kann die Restauration meiner Kaizan Zenmura Shakuhachi nachverfolgen. Ich hatte sie in GB in eBay für 600,- GBP ersteigert und sie hatte bereits ca. 10 Risse die der Verkäufer notdürftig und unprofessionell behandelt hatte. Sie war keine zwei Tage in meinem Besitz und die Risse öffneten sich wieder - unspielbar. 2009 schickte ich meine Zenmura das erste mal zu Monty zur Begutachtung und entschied mich für eine Teilrestauration die mich bereits ca. 700,- USD plus ca 200,-EUR Zoll und Einfuhrsteuer kostete. Monty brachte 11 inlay Bindings zur Stabilisierung der Risse im Bambus an der Flöte an, korrigierte den Joint und erneuerte das Utagushi, das Inlay der Anblaskante. Es blieb das Problem der Noten Ro und Tsu, die ohne ein bore-enhancement fast nicht zum Erklingen gebracht werden konnten. Das war mir zu diesem Zeitpunkt zu teuer, da ich noch eine Tom Deaver (Bei Shu Hanko) hatte, ein amerikanischer Flötenbauer in Japan, bei dem die meisten Schüler von Yokoyama San ihre Flöten bezogen. 2020 schließlich

entschloß ich mich, die komplette Restaurierung dich noch durchführen zu lassen. Das Ergebnis war verblüffend: die Zenmura spielte sich wie nie zuvor…es waren allerdings weiter 600,- USD fällig plus ca. 200 EUR Zoll und Einfuhrgebühren. Aber nun habe ich ein altes und gut klingendes Instrument, dessen alte Wunden es klanglich und optisch aufgewertet haben.


Das Festival war ein beeindruckendes Erlebnis, man kam leicht in Kontakt mit allen Gleichgesinnten aus unterschiedlichsten Herkunfsländern, tauschte sich aus, half sich untereinander. Ein exotisches Instrument trat seine Siegesreise in die Welt an.


Ein paar Fotoeindrücke von damals:

Der Meister Yokoyama San bei einem Festival Ausflug in die Berge bei Denver
Der Verfasser bei diesem Ausflug
Der Verfasser mit seinem Vorbild John Kaizan Neptune
Masayuki Koga beim Testen angebotener Shakuhachis
Der Verkaufsstand von Monty Levenson (er im Hintergrund mit weißem Bart). Bei ihm erwarb ich meine erste 2.4 Student Shakuhachi aus Tiegerbambus für 600,- USD
Festival Komuso auf den Straßen von Bolder

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