9. Mai - Europatag und Kapitulation Nazi-Deutschland, oder: Europa und die Welt am Scheideweg

Am 9. Mai 1945 unterschrieb Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, Chef des Oberkommandos der deutschen Wehrmacht, die Kapitulationsurkunde im sowjetischen Hauptquartier der Roten Armee in Berlin-Karlshorst auf Betreiben des russischen Diktators Josef Stalin nachträglich auch für den sowjetischen Machtbereich nachdem zwei Tage zuvor am 7. Mai bereits Generaloberst Jodl in Reims die Kapitulationsurkunde für Deutschland unterzeichnete, dem Hauptquartier von General Dwait D. Eisenhower, dem damaligen Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte in Europa. Dieser 9. Mai wird in Russland und bei einigen Mitgliedern der ehemaligen UdSSR als Sieg der Roten Armee über Nazi-Deutschland bis heute gefeiert. Die Ukraine hat sich in Abgrenzung zu Russland und dem Neostalinismus Putins nun zu einem Gedenken am 8. Mai entschieden.


Gleichzeitig feiert Europa am 9. Mai aber auch den Europatag, der auf die Schumann-Erkärung von 1950 zurückgeht, die als Geburtsurkunde der EU gilt.


Während in Westeuropa also damals bereits die Weichen in Richtung auf Frieden zwischen und Zusammenarbeit unter ehemaligen Nationalstaaten nach demokratischen und marktwirtschaftlichen Muster gestellt wurden, blieb Osteuropa weiterhin den autokratisch geführten und sozialistischen geprägten Staatssystemen verpflichtet.


Es ist geradezu unbegreiflich, wie dieser an und für sich berechtigte Siegestag über Nazi-Deutschland nun ausgerechnet von dem russischen Imperialisten Putin, der mitten in Europa jetzt den ersten Angriffskrieg seit 1945 vom Zaune gebrochen hat, als Antinazi-Kampagne gegen Kiew missbraucht werden kann, mit der Begründung, damit ebenfalls nur ein Nazi-System beseitigen zu wollen. Tatsächlich veranstaltet Putin aber in der Ukraine einen Genozid an einem einstigen Brudervolk, deportiert ukrainische Kinder und Erwachsene in russische Umerziehungslager, und schickt menschenverachtend eigene, schlecht ausgebildete und frisch rekrutierte Soldaten als Kanonenfutter für seine absurden Geschichtsinterpretationen in den Fleischwolf der ukrainischen Front. Mit anderen Worten: er gebärdet sich selbst als waschechter Nazi, und auch die Symbolik stimmt: das überall zu findende „Z“-Symbol als Ersatz für das „Hakenkreuz“ von Nazi-Deutschland.


Ihm gleich tun es enge Vertraute wie der ehemalige Präsiden Russlands Medwedew, der ihn einst bei seinem Verfassungs- und Wahlbetrug am eigenen Volk unterstützte, sowie viele Abgeordnete der Staatsduma und des Föderationsrates, die sich verbal dabei zu überbieten scheinen wollen, wer denn die größten Lügen, Behauptungen, Beschimpfungen und Androhungen gegen den sogenannten „feindlichen Westen“ aufbieten kann. Ein Kindergarten ewig Gestriger, die sich wieder den Glanz eines stalinistischen Großrussland herbeiträumen, obleich sie sich längst selbst an den vermeintlich verkommenen Werten dieses  Feindes im Westen als sogenannte Eliten auf Kosten ihres eigenen Volkes bedient haben, um ihre eigenen Taschen zu füllen:  Kapitalismus und Korruption haben seit dem Zerfall der UdSSR das neue Russland bereits seit Jelzin geprägt. Putin hatte zwar anfänglich die Korruption mancher Oligarchen im Blick, ersetzte sie aber bald durch seine eigenen KGB-Seilschaften.


Erstaunlich auch, dass diese „Eliten“ - die sogenannte Oligarchen - alle Handlungen ihres Führers Putin und deren schmerzliche Konsequenzen für sich selbst scheinbar kritiklos hinnehmen wie brave Erstklässler: durch westliche Sanktionen beschlagnahmte Jachten, Immobilien und eingefrorene Vermögenswerte im Ausland, Reiseverbote, keine Studienmöglichkeiten ihrer Sprößlinge mehr an ausländischen Elite-Universitäten usw…….ist es das wert? Kann ein derart katastrophal falsches Geschichtsverständnis ihres Führers soviel Nationalstolz generieren, der Lügen zu Wahrheiten transformieren soll und eigenes, sebst verursachtes Leid und Tod als Heldentaten für das eigene Vaterland umdeutet? 


Wo sind aber denn die heldenhaften Kinder jener russischer Eliten der Staatsgremien, an der ukrainischen Front etwa? Sind da nicht eher die einfachen Bauern vom Lande weit weg von Moskau und eine gehäufte Ansammlung asozialer Elemente, ehemalige Gefängnisinsassen und Schwerverbrecher, die als menschliches Kanonenfutter verbraten werden. Und wer kämpft eigentlich wirklich an der Front auf russischer Seite? Die ruhmreiche russische Armee etwa, oder doch eher die Wagner-Söldner eines Oligarchen und Exknastis Namens Prigoschin oder des Putin Vasallen Ramsan Kadyrow, dem Tschetschenischen Präsidenten von Putins Gnaden? 


Man könnte sich auch fragen, welcher militärische Nachschub Russlands an der ukrainischen Front eigentlich besser läuft: der von Munition oder der von Wodka? Letzteres scheint der Fall zu sein, da man inzwischen betrunkene Soldaten in Erde einbuddeln muss um eine gewisse Disziplin in der Truppe zu erreichen. Wenn sie nicht besoffen sind dann werfen sie sich freiwillig oder unter Zwang in das feindliche Mündungsfeuer nach dem Motto: bloß nicht zurück ins Gefängnis oder Straflager, wenns klappt, gibt es Kohle für sie selbst, wenn nicht, wenigstens für die Hinterbliebenen.


Und wie sieht es mit den Generälen und Offizieren der russischen Seite aus? Fortwährend werden sie ausgewechselt, weil sie immer noch erfolgslos Kriegstaktiken des zweiten Weltkrieges anwenden. Angefeindet werden diese Militärführer aus dem eigenen Lager: Herr Prigoschin und Herr Kasyrow bilden die Armee in der Armee - wer aber hat eigentlich das Sagen in diesem staatlich geduldeten Chaos - so würde jedenfalls der radikal nationalistische Flügel es bewerten: der „Club der wütenden Patrioten“ eines Igor Girkin, dem früheren Führer der separatistischen Volksrepublik Donezk.

Diese unbelehrbaren Nationalisten stehen in Russland den Eliten gegenüber, die eigentlich nur ihren Wohlstand zurück wollen, und mittendrin befindet sich Putin.

Keine einfache Situation, weder für das russische Volk noch für den Westen, aber auch nicht für Putin selbst!


Drohnenangriffe auf den Kremel, vermeintlich von der Ukraine im Auftrag der USA……wie peinlich ist das denn für den Kremel, wenn das tatsächlich so gewesen wäre? Eine feindliche Drohne wird direkt über dem Kremel abgeschossen? Wie konnte sie soweit erst kommen, und warum sollte man das tun, wenn sich zu dem Zeitpunkt kein Putin dort versteckt hat, der inzwischen lieber in seinem Geheimzug residiert, denn seine zwei Alternativbüros, die vorgeben ein und dasselbe zu sein, bieten ihm und seiner Paranoia längst nicht mehr genügend Schutz, auch nicht die vielen Doppelgänger.


Aber freilich: dann können die Kremelhandlanger Putins wieder wettern gegen die Feinde Russlands, wie der Kremelsprecher Peskow, dessen Sohn wenigstens an der ukrainischen Front gekämpft haben soll, stellvertretend für all die anderen Heldenvätersöhne im Kremel und der Duma. Aber auch das scheint fragwürdig, denn gerade sein Sohn wurde telefonisch neulich mit einem Telefonanruf als Fake bereits auf seine Einberufung vorbereitet,  worauf er sich beim unerkannten Fake-Anrufer entrüstet beschwerte, ob dieser denn nicht wüsste, wer eigentlich sein Vater sei?


.. und man hätte mit dem Drohnenangriff  endlich einen trifftigen Grund einer handfesten, echten Bedrohung, auf die man reagieren könnte. Nein, das ist alles gängige KGB-Verwirrungstaktik wie bereits die Pipeline Zerstörungen in der Ostsee: man soll nicht mehr wissen, was man glauben soll.


Dieses ganze Gebaren eines ehemals Respekt verdienenden Staates verwandelt sich zunehemend in das eines Paria- oder Schurkenstaates, dem selbst China so nicht mehr ohne Gesichtsverlust ungeteilt an der Seite stehen kann.


Russland hat nach wie vor keinerlei Interesse an Verhandlungen mit der Ukraine, und es hätte auch gar keine Verhandlungsmasse, was die Rückgabe von annektierten Gebieten innerhalb eines Deals betreffen könnte: Putin hat mit der Annektion der 4 ukrainischen Oblaste selbst die Änderung der russischen Verfassung beauftragt, die denjenigen Präsidenten, der ein solches neu gewonnenes Territorium wieder hergeben wollte, als Vaterlandsverräter verurteilen würde.


Die angemahnte Diplomatie der westlichen Pazifisten, die sich aus humanitären Gründen einer weiteren Waffenlieferung des Westens an die Ukraine verweigern wollen, muss also erstmal gefunden werden. 


Wenn jemand einen Grund findet, der Putin vor seinem Volk als Sieger der „militärischen Spezialoperation“ erscheinen läßt, trotz aller militärischen Niederlagen: jetzt wäre die Stunde gekommen! Freilich: eigentlich könnte Putin seinem Volk mit seiner Propagandamaschine ja alles verkaufen was er möchte. Er möchte aber nicht, er möchte nach wie vor sein pervertiertes Geschichtsverständnis umsetzen: ein neoimperialistisches Eroberungsgehabe. Er will die vollständige Kontrolle über alle Staaten der ehemaligen UdSSR, mindestens!


Wenn wir als Deutsche und als Europäer das nicht begreifen, haben wir den Ernst der Lage immer noch nicht begriffen. Putins Präsidentenfreund Kadyrow hätte z.B. auch nichts gegen eine Wiedereinverleibung des ehemaligen DDR-Gebietes in die dann neue russische Einflusszone - so ticken diese Machthaber und ihre Gefolgsleute mitten in Europa und im 21. Jahrhundert vor unserer Haustüre!


„Russland darf nicht siegen“ bedeutet dann: die „militärische Spezialoperation“ Russlands muss scheitern, nicht nur wegen der Ukraine, sondern auch wegen der Sicherheit in Europa selbst.


„Scheitern“ bedeutet daher natürlich auch „Gesichtsverlust“, wenn man sich und anderen die eigene Niederlage nicht eingestehen kann. Vermeiden kann den Gesichtsverlust nur derjenige, dem er selbst droht. Da können keine Brücken von Dritten gebaut werden, die über vermeintliche Deals ein Verhandlungsergebnis erreichen wollen. Jeder solcher Deal wird zeitlebens Schmach beim Betroffenen hinterlassen, die sich irgendwann rächen möchte. 


Einzig das persönliche Eingeständnis eines katastrophalen Fehlers gegen das eigene Volk und eine Übergabe der Amtsgeschäfte an einen Nachfolger könnten für Russland wieder den Weg für ein Miteinander mit dem Rest der Welt ebnen - oder eben ein Aufstand der letzten, ehrlichen und wirklich patriotischen Oligarchen unter Einbeziehung der verbannten Opositionellen. Medwedew jedenfalls hat sich als erneuter Nachfolger Putins redlich disqualifiziert, jedenfalls was mögliche Kooperationen in der Zukunft betrifft.


Alle Augen sind ja gerade auf die kommende Gegenoffensive der Ukraine gerichtet, wohl aber mit überzogenen Erwartungen. Es würde reichen, wenn es der Ukraine gelänge im Süden über „Nadelstiche“ bis ans Schwarze Meer durchzustechen um die neue Landbrücke der Russen zur Krim abzuschneiden. Das könnte Putin unter Druck setzen, erst recht, wenn die Krim selbst befreit werden könnte. 


Die Krim müsste dann einen Sonderstatus erhalten - weder russisch noch ukrainisch, warum nicht türkisch? Die Türkei als Nachfolgestaat des Osmanischen Reiches wäre immerhin mal Eigentümer gewesen, bevor Zarin Katharina II die Krim 1783 sich angeignet hatte - aber das wäre dann ja nur eine Putin analoge Geschichtsdeutung und wir wollen ja nicht die gleichen Fehler machen wie er.


Die Zeit für den Westen wird aber knapp: November 2024 stehen in den USA Präsidentschaftwahlen an, und ein Donald Trump steht in den Startlöchern, das Problem in 24 Stunden nach seiner Machtübernahme lösen zu wollen, mit Deals vermutlich auf Kosten der Ukraine. 


Europa muss sich militärisch endlich so organisieren, dass es zur Not auch ohne die USA mitreden kann. Ein geeigneter Mitspieler könnte Indien sein. Bis in Russland wieder ein vertrauenswürdiger und verlässlicher Machtapparat installiert ist, der in eine neue, europäische Sicherheitspolitik einbezogen werden kann, wie es eigentlich bereits in den 90ern geplant war, muss Europa militärisch leider aufrüsten.


Das Weltwährungssystem mit dem US-Dollar als Leitwährung wäre ebenfalls zu überdenken mit Blick auf China und alle BRICS-Staaten. Dies wäre ein Zeichen des echten Endes einer Epoche des Kollonialismus, den wir Wohlstandsländer verbrochen haben, von dem wir profitiert haben und es wäre ein Weg auf Augenhöhe mit allen Staaten endlich die Klima- Welternährungs- und  Armutsprobleme zu lösen.


Die herkömmliche UNO wäre neu zu organisieren ohne Vetorechte einzelner Staaten. Die NATO wäre ebenfalls umzuwidmen, eigentlich überfällig seit dem Zerfall des Warschauer Paktes.


Als Konsens müssten Menschenrechte installiert werden, die weltweit Kollektiv- und Individualrechte neu austarieren, die aber das Prinzip der Gleichberechtigung eines jeden Menschen, ob Mann oder Frau oder sonstwem garantieren, und die Fanatismus jeglicher Form, sei er religiös oder anderswie weltanschaulich motiviert, im Keime ersticken.

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