
Ich hatte ja bereits einen Artikel über die „Trompete als Königin des Jazz“ verfasst, möchte aber nun den Faden nocheinmal aufgreifen.
Die Trompete scheint auf den ersten Blick technisch einfach: 3 Ventile und die daraus sich ergebenden Kombinationen von zugeschalteten Röhren, je nach Kombination der gedrückten Ventile.
Die Trompete ist ein Melodieinstrument, man kann keine Akkorde auf ihr spielen, will sagen, die Töne können nur nacheinander erzeugt werden, nicht gleichzeitig mehrere wie bei vielen anderen Instrumenten.
Zusätzlich ist die Trompete ein akkustisches Phänomen: sie ist lediglich ein Resonator ohne Generator. Die meisten Instrumente bieten beides in einem: Resonator und Generator. Beim Klavier oder der Gitarre und allen Saiteninstrumenten, bei der Flöte, Klarinette oder Saxophon und allen Holzblasinstrumenten wird immer der Ton vom Instrument selbst erzeugt Generator) und verstärkt (Resonator).
Bei den Blechblasinstrumenten ist dies nicht der Fall: die Lippen des Bläsers müssen den Ton selbst generieren. Man könnte argumentieren: aber bei der Flöte muss man doch auch nur blasen, odere bei den Blattinstrumenten wie z.B. Klarinette und Saxophon - weit gefehlt: bei den Flöten dient die Blasekante, die den Luftstrom teilt , als Tongenerator, bei den Blattinstrumenten wird ein Blättchen in Schwingung versetzt. Bei der Gitarre werden die Saiten gezupft oder geschlagen, bei den Streichinstrumenten streicht der Bogen über die Saiten und erzeugt die Schwingung, beim Klavier erzeuen mit den Tasten mechanisch verbundene Hämmerchen einen Ton auf den Saiten.
Wir haben also eine Besonderheit der Tonerzeugung bei Blechblasinstrumenten und genau dies macht sie technisch so schwierig. Die Bedienung der drei Ventile ist relativ simpel und lässt sich relativ schnell intuitiv erschließen, aber der Ton……..
Ein physikalisches Rohr kann mit den Lippen alleine eine sogenannte Naturtonreihe erzeugen. Es gibt Blasinstrumente ohne Ventile, denn diese wurden erst später erfunden. Die Naturtonreihe einer Trompete in C erzeugt vom tiefsten Ton zum „höchsten“ aufsteigend 6 Naturtöne (C1, G1, C2, E2, G2, C3,…..). Ab C3 liegen die weiteren Naturtöne so dicht beieinander, dass ohne Ventile eine normale Tonleiter gespielt werden könnte: C, D, E, F, G, A, H, C und alle Halbtöne dazwischen.
Im Tonraum zwischen C1 und C3 allerdings fehlen die Tonleitertöne jeglicher Tonart (es gibt 12 Tonarten, da es 12 Halbtöne gibt).
Daher kommen die Ventile ins Spiel: jedes gedrückte Ventil verlängert das Originalrohr um weitere Röhrchen, die so zugeschaltet werden: 1. Ventil: ein Ton tiefer als der angeblasene Naturton; 2. Ventil ein halber Ton tiefer als der angeblasene Naturton, und 3. Ventil eineinhalb Töne tiefer als der angeblasene Naturton. Man kann also z.B. für eineinhalb Töne tiefer entweder Ventil 1 und Ventil 2 gleichzeitig drücken, oder aber eben nur Ventil 3. Durch das kombinierte Drücken der drei Ventile lassen sich also zwischen den gößten Naturtonabstände (C1-G1) alle Halbtöne erreichen: das sind 6 Ventilkombinationen und die zwei Naturtöne C1 und G1 selbst.
Mit den drei Ventilen wird also das Hauptrohr der Trompete jeweils proportional verlängert und der Ton dadurch tiefer. Je höher man spielt, um so weniger Ventilkombinationen werden benötigt, ab C3 eigentlich keine mehr….aber C3-C4 ist dann schon den Virtuosen vorbehalten. Bei Normalbläsern ist C3 schon eine beachtliche Leistung.
Man hat also mit drei Ventilen 8 Naturtonreihen verfügbar, die das komplett erforderliche Tonmaterial der Chromatik in allen Tonarten (Halbtonschritte) abdecken.
Hört sich kompliziert an? Ist es aber nicht! Man erlernt die Grifftechnik ziemlich schnell intuitiv.
Trompeter streben irgendwie immer wieder nach den „hohen“ und „höchsten“ Tönen, denn hier beginnt auch die Perfektion des Zusammenspieles aller körperlichen Komponenten: Atemführung, Mundraum und Zunge, Lippenstellung usw…
Auch für mich waren im Jazz von Anfang an die Virtuosen Vorbilder, die spielerisch über zwei Oktaven bis über 4 Oktaven beherrschten….einer war Maynard Ferguson (MF).
Maynard war daher für viele eine Ausnahmeerscheinung. Aber genauer betrachtet hat er intelligent seine Körperfunktionen beherrscht und sich eines intelligenten Equipments bedient, an forderster Front seine speziellen Mundstücke.
Entgegen der bis heute geltenden Lehrmeinung hat er nie große und Tiefe Mundstücke gespielt, sonder eher kleine und flache. Seine Mundstücke hatten innen nie einen scharfen Rand, waren V-förmig statt Kessel-Förmig und das V war viel flacher als z.B. bei manchen Hornmundstücken.
Sprechen die Sinfoniker von Mundstückgrößen nach der Bach-Skala von Bach 1 1/2, so bewegten sich seine Innendurchmesser eher bei Bach 20, also 15 mm statt 17! Er hat auch nie in seiner ganzen Karriere seine Mundstückkonfiguration verändert, erst Ende der 90er hat ihn ein Mundstückhersteller zu konventioneller Bauweise überredet….zu seinem Schaden, wie manche Kritiker meinen, er war da gerade in seinen 70ern.
Der Innendurchmesser hat gerade nichts mit der Tonqualität zu tun, die Tiefe des Kessels allerdings schon. Viele Trompeter tun sich schwer mit den „großen Pötten“, die ihnen von Musikprofessoren, Lehrern oder Dirigenten verpassst werden….inzwischen ist man aber schlauer geworden: so klein wie möglich. Damit ist von Anfang an ein guter Tonumfang verfügbar, einzig am Ton selbst muss man mehr arbeiten und die richtige Mundstücktiefe und das richtige Backbore für sich finden. Das Kesselvolumen, die Bohrung und der Schaftdurchmesser bestimmen den Blaswiderstand des Instruments, mit dem der Bläser klar kommen muss. Dieser erforderliche Blaswiderstand ist sehr, sehr individuell. Ebenso spielt natürlich die Bohrung der gesamten Trompete eine Rolle: Large Bore (XL) oder ML (mittlere Bohrung) etc..
Ich habe mich sehr von Maynard Fergusons Mundstückwahl inspirieren lassen und bin derzeit von seinem FBL TD aus den späten 60ern und frühen 70ern voll begeistert. Er hatte damals die USA verlassen und sich in Großbritannien niedergelassen und tourte in Europa (1967-1972). “FBL“ steht für „Ferguson Bell LTD“, denn er hatte mit seinem Bandkollegen Jack Bell eine Firma gegründet, um sein Mundstück zu vertreiben. Sie verkauften auch eine Trompete, „Liberator“ genannt, aber das Geschäft lief schlecht und die Herstellung wurde nach kurzer Zeit eingestellt. Heute gibt es aber Nachbauten z.B: bei „Legends Mouthpieces“.
Ich habe die Mundstücke aus allen seinen Epochen gesammelt und bespielt: sie sind alle zumindest in der Randkontur identisch: rund und schmal und ca. 15 mm Innendurchmesser, keine Innenkante (sehr hoher Alpha Winkel). Der V-Trichter ist von leicht konkav über strikte Trichterform bis zu später konvexem Trichter leicht variiert, aber das Kesselvolumen ist nahzu identisch: die ersten Mundstücke waren flacher, die Phase in England tiefer, dann zurück in USA wieder flacher.
Ich kann jedem Bläser nur empfehlen, mit Mundstücksgrößen zu experimentieren. Leider sind die Mundstücke von der Stange der heutigen Hersteller oft nicht in einer idealen Konfiguration was Kesselgröße, Kesselform, Bohrung und Schaftdurchmesser betrifft. Da kommt man nicht darumherum, sich ein Custom zu bestellen oder eben auf Hersteller wie Legends, GR, GB, Curry oder James R. New zurückzugreifen.



CTR-7660L-GSS Bb-SL Heavy (made in Taiwan!) mit extra heavy caps von KGU Music (made in Ukraine!) und einem FBL TD Mundstück (made in England!)

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